Süddeutsche Zeitung

Landgericht München:Prozess um Fake-Stripclub: Angeklagter bestreitet Vergewaltigung

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Von Imke Plesch

Mit einem erfundenen Nachtclub wollte Andreas V. seiner Lebensgefährtin Gisella F. nach ihrem Bandscheibenvorfall neue Lebensfreude und Mut geben: "Damit sie wieder ein Ziel hat", sagte er am Dienstag vor dem Landgericht München. Deswegen habe er Anfang 2018 eine Scheinwelt aufgebaut und ihr erzählt, dass ein befreundeter Bordellbesitzer einen Nachtclub eröffnen wolle und sie dort als Geschäftsführerin arbeiten solle. In dieser Funktion sollte sie Frauen als Bardamen und Tänzerinnen anwerben. Warum er dann später Sex mit mehreren dieser Frauen gehabt habe, fragt der Vorsitzende Richter Robert Hamberger. "Ich hab mich da zu sehr reingesteigert", sagt der 38-jährige V.

Jetzt ist V. angeklagt wegen zweifacher Vergewaltigung, zweifacher sexueller Nötigung sowie Betrug in mehreren Fällen. Seiner Lebensgefährtin Gisella F., 36 Jahre alt, wird ebenfalls Betrug vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt beide, gemeinsam den Plan gefasst zu haben, Frauen anzuwerben, um sich Haushaltsarbeit zu ersparen und ihre sexuellen Interessen zu befriedigen. Mit Anzeigen im Internet sollen sie nach Mitarbeiterinnen für den neuen Nachtclub gesucht haben. Da die Eröffnung sich angeblich immer weiter verzögert habe, sollten die Frauen dann in der gemeinsamen Wohnung von V. und F. erste Haushalts- und Büroarbeiten erledigen. Außerdem fertigten sie von mehreren Frauen Fotos in Dessous an. Geld bekamen sie jedoch nie. Mit mehreren Betroffenen habe V. dann Sex gehabt; mit einer von ihnen gegen deren Willen, indem er eine Drohkulisse aufgebaut habe. Zwei andere Frauen soll er sexuell genötigt haben.

V. , der seit April 2018 in Untersuchungshaft sitzt, gibt die Betrugsvorwürfe zu. Aufgrund seiner finanziellen Situation habe er den Frauen kein Geld zahlen können. Im Namen des angeblichen Bordellbesitzers habe er seiner Lebensgefährtin per E-Mail Arbeitsanweisungen geschickt, damit die zu der Zeit arbeitslose F. wieder eine Aufgabe habe. Gisella F. lässt vor Gericht von ihrem Anwalt erklären, sie sei davon ausgegangen, dass wirklich ein Nachtclub eröffnet werden solle. Seit sieben Jahren seien sie und V. ein Paar, deshalb habe sie sehr großes Vertrauen zu ihm gehabt. "Nennen Sie es dumm oder naiv, aber ich hab ihm alles geglaubt." Sie gehe auch nach wie vor von einem "freundschaftlichen Verhältnis" zwischen ihnen aus. Von seinen sexuellen Kontakten mit mehreren der Frauen habe sie nichts gewusst.

V. gibt vor Gericht zwar zu, mit mehreren Frauen geschlafen und ihnen Geld versprochen zu haben, wenn sie sich dabei von ihm filmen ließen. Eine Vergewaltigung streitet er jedoch ab. Der Sex sei einvernehmlich gewesen. Eine der Frauen beschuldigt V., sie unter Druck gesetzt zu haben. Er habe ihr mit einer Vertragsstrafe und einer Veröffentlichung der bereits angefertigten Dessous-Bilder gedroht. Nur deshalb habe sie zweimal dem Geschlechtsverkehr und den Filmaufnahmen zugestimmt. Wie er denn erkennen konnte, dass der Sex freiwillig war, fragen Richter und Staatsanwalt mehrmals nach. V. zuckt nur mit den Schultern. Er habe ein freundschaftliches Verhältnis zu der Frau gehabt. Und sie habe nicht gesagt, dass sie den Sex nicht wolle. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 20.03.2019
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