Landgericht München:Knast statt Kenia

  • Fünf Monate verschwand ein junger Mann hinter Gittern, weil man ihn verdächtigte, in Drogendeals verwickelt zu sein.
  • Seit sich das als Irrtum herausstellte, streitet der Mann vor Gericht, um die Stornokosten für eine geplante Reise nach Kenia vom Freistaat erstattet zu bekommen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein paar Tage Urlaub in Kenia waren gebucht, als die Justiz zuschlug: Fünf Monate verschwand ein junger Mann hinter Gittern, weil man ihn verdächtigte, in Drogendeals verwickelt zu sein. Das stellte sich später als Irrtum heraus. Seither streitet der Mann mit dem Freistaat um 2484 Euro Stornokosten für die geplatzte Ferienreise. Die Staatskasse will bisher nicht zahlen und kritisiert, dass der zu Unrecht Inhaftierte diese Kosten nicht seiner Reisekostenrücktrittsversicherung in Rechnung gestellt hat.

Der damals 23-Jährige hatte Gutes im Sinn, als er im Frühjahr 2013 den Afrika-Trip geplant hatte: Er wollte eine Zeitlang Sozialarbeit mit bedürftigen Kindern leisten und sich anschließend noch eine kleine Rundreise durch Kenia gönnen. Als er unversehens mit Drogengeschäften in Zusammenhang gebracht wurde und in Untersuchungshaft landete, glaubte er zunächst an eine Verwechslung und dachte, bald wieder in Freiheit zu sein, also reisen zu können. Als er merkte, dass daraus nichts wird, stornierte er die Buchungen beim Reiseveranstalter und der Fluglinie - allerdings so spät, dass er für den Flug gar nichts zurück bekam und für die Rundreise nur eine kleine Summe.

Keine Stornogebühren für die Reise erstattet

Nachdem der Mann von allen Vorwürfen rechtskräftig freigesprochen worden war, bezahlte der Staat zwar 3750 Euro Haftentschädigung - bei den Stornogebühren wurde aber abgewinkt. Deshalb klagte der Mann nun vor der Amtshaftungskammer am Landgericht München I.

Für den Fall, dass jemand etwas gekauft hat, das er wegen des Fehlers eines anderen dann aber nicht nutzen kann, haben Juristen einen passenden Fachausdruck: "Frustrierte Aufwendung". Frustrierend mag dem Kläger aber auch das Gezerre im Gerichtssaal erschienen sein. Warum er nicht schon früher die Reise abgesagt und damit die Stornokosten reduziert habe, wollte der Anwalt des beklagten Freistaats wissen. Und ob das nicht überhaupt Sache der Reiserücktrittsversicherung sei?

Der Anwalt des Klägers schüttelte den Kopf. Ein guter Staatsbürger vertraue darauf: "Mein Staat sperrt mich nicht zu Unrecht ein - und wenn er es doch tut, dann muss er eben zahlen." Im Übrigen gebe es keine Versicherung, die genau solch einen Fall abdecke - Rücktrittsversicherungen seien etwa für unvorhersehbare Erkrankungen da, aber nicht für ungerechtfertigte Inhaftierungen. Deshalb habe man den Fall der Assekuranz gar nicht erst vorgelegt. Der Kläger und sein Anwalt beharrten auch auf Erfüllung der gesamten Forderung, als das Gericht einen Kompromiss vorschlug: Der Freistaat solle freiwillig Dreiviertel des eingeklagten Betrages bezahlen. Der Staat hätte das akzeptiert. So muss nun das Gericht entscheiden. Das Urteil wird aber erst in einigen Wochen verkündet.

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