Prozess am Landgericht München I:Für Hass-Botschaften auf der Anklagebank

Lesezeit: 2 Min.

Der Angeklagte muss sich vor der Staatsschutzkammer m Landgericht München I verantworten. (Foto: Florian Peljak)

Manfred W. postete auf Internetseiten einer extrem judenfeindlichen Bewegung diskriminierende und herabwürdigende Kommentare. Nun muss er sich vor der Staatsschutzkammer verantworten.

Von Susi Wimmer

Manfred W. verfolgt die Anklageverlesung, ohne mit der Wimper zu zucken, die Arme über dem korpulenten Bauch verschränkt. Auch später wird kein Wort des Bedauerns über seine Lippen kommen. Bedauern darüber, dass er auf der Plattform einer kriminellen Vereinigung gegen Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens sowie gegen Asylbewerber in übelster Art und Weise gehetzt hatte. „Ethnische Säuberungen sind nötig“, schrieb er beispielsweise. Dafür muss er sich nun vor der 2. Strafkammer als Staatsschutzkammer am Landgericht München I verantworten.

Mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Volksverhetzung wirft die Staatsanwaltschaft dem 70-Jährigen vor. Um zu den Taten zu gelangen, muss man bei Fadi J. beginnen: Der legte vor zehn Jahren unter unterschiedlichen Pseudonymen Internet-Profile an, baute Seiten und installierte Gruppen. Er habe eine „judenfreie Welt“ angestrebt, so die Generalstaatsanwaltschaft. Fadi J. nannte seine Gruppierung „International Goyim Partei“.

Unter dem Deckmantel einer angeblich politischen Partei konnten sich auf diversen Plattformen Gleichgesinnte in ihren Hass-Postings aufstacheln und bestärken. Als Logo hatte Fadi J. ein eckig gezeichnetes „G“ in Weiß auf rotem Hintergrund etabliert, „welches Nutzer mit rechtsextremer Gesinnung ansprechen und an das Hakenkreuz erinnern sollte“, so die Generalstaatsanwaltschaft. Im Mai 2022 verurteilte das Oberlandesgericht in Düsseldorf Fadi J. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren.

Manfred W. ist heute Rentner. Davor war er mehr als 30 Jahre lang als Informatiker bei einem bekannten Nutzfahrzeughersteller tätig. In seiner Freizeit engagierte er sich politisch. So kandidierte er 2013 in Schwaben bei der Landtagswahl für die rechtsextreme NPD, die sich heute „Die Heimat“ nennt.

Auf den Seiten dieser Goyim-Bewegung, die „eine judenfreie Welt anstrebte“, so die Anklage, setzte W. Posts ab oder kommentierte. So formulierte er beispielsweise, dass das Volk „durch die 68er und die Medien“ krank gemacht worden sei. Schuld daran sei das jüdische Volk, das vernichtet werden müsse. Außerdem müsse der Islam „mit Feuer und Schwert aus Europa hinausgedrängt werden“. Im Kopf von Manfred W. ist zudem „fast die Hälfte der Flüchtlinge HIV-positiv“.

In einem anderen Beitrag behauptete er, dass sich die Frauen vor den Schutzsuchenden schützen müssten, da sie sonst Opfer von sexuellen Übergriffen würden. Manfred W. selbst wurde vor fünf Jahren wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften verurteilt und erhielt unter anderem als Auflage, eine Psychotherapie zu absolvieren.

Verteidiger Felix Dimpfl regt ein Rechtsgespräch an, und hinter verschlossenen Türen wird über ein mögliches Strafmaß bei einem Geständnis diskutiert. Die Kammer stellt dem Angeklagten in öffentlicher Sitzung dann ein Strafmaß von einem Jahr bis zu einem Jahr und vier Monaten in Aussicht sowie eine Geldauflage in Höhe von bis zu 1500 Euro. Daraufhin räumt Dimpfl für seinen Mandanten alle Anklagepunkte ein und sagt, Manfred W. bedaure sein Verhalten. Der 70-Jährige selbst äußert sich nicht zu den Tatvorwürfen oder seinen Beweggründen. Bereits in der nächsten Woche will die Staatsschutzkammer ein Urteil sprechen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSexuelle Übergriffe auf Jungen
:„Häufig empfinden die Kinder selbst Schuldgefühle“

Ein Drittel der Kinder, die sexuelle Gewalt erfahren, sind Jungen. Ein Experte erklärt, bei welchen Anzeichen Eltern aufmerksam werden sollten und wie sie ihre Kinder schützen können.

Interview von Kathrin Aldenhoff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: