Landgericht:Grobe Worte hinter Gittern

Prozess gegen einen Häftling: Er soll einen Wärter bedroht haben

Von Susi Wimmer

Rechtsanwalt Alexander Eberth gilt in Juristenkreisen als herausragende Persönlichkeit. Eberth gründete etwa den Hilfsverein Con-Drobs in München, er verteidigte in den Neunzigerjahren "Mehmet", den jugendlichen Straftäter, der in die Türkei abgeschoben werden sollte. 40 Jahre Strafrecht hat Eberth nun schon auf dem Buckel, und am Dienstag sitzt er vor dem Landgericht München I, schüttelt den Kopf, und kann nicht glauben, warum die Staatsanwaltschaft an diesem Verfahren festhält. Es geht um Murat A., einen 29-jährigen Dingolfinger. Er soll in der Untersuchungshaft in Stadelheim einen Wärter verbal bedroht haben. Die Beweisaufnahme allerdings gestaltet sich schwierig - und widersprüchlich.

Diese vermeintliche Bedrohung, sie spielt für den Angeklagten eine eher untergeordnete Rolle. Murat A. ist momentan im Bezirksklinikum Mainkofen in Niederbayern zum Entzug zwangsweise untergebracht, weil er vor der Disco Atrium in Dingolfing im Oktober 2015 einen Türsteher mit einem Messer tödlich verletzt hatte. Der Angriff wurde als gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge eingestuft, Murat A. zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Noch vor dem Prozess soll es zu dem Vorfall in Stadelheim gekommen sein. Murat A. sagt, er habe in seiner Zelle einen Zettel mit wichtigen Entlastungszeugen aufbewahrt. Als er vom Arbeitsdienst mittags in seine Zelle gekommen sei, sei ihm sofort aufgefallen, dass jemand in den Unterlagen geblättert hatte und Papiere fehlten. Er habe sofort den Justizbeamten Thorsten H. darauf angesprochen, der habe ihm lediglich geantwortet: "Das war nur Müll." Dann habe er gefragt, ob er zum Suchen in den Müllcontainer klettern dürfe, auch das wurde ihm verwehrt. "Ich habe ihm mit einer Anzeige gedroht", erzählt der Angeklagte. Und dass er bei dem Beamten mal zu Hause vorbeischauen werde, wenn er entlassen werde.

Die Staatsanwaltschaft allerdings hat noch eine andere Aussage protokolliert: "Ich werde es bei dir genauso genießen das Messer reinzuhauen und umzudrehen wie beim Letzten." Ob der Satz tatsächlich gefallen ist, bleibt unklar. Ein anderer Justizbeamter erinnert sich vor Gericht nicht mehr, ein ehemaliger Mithäftling hat eine Diskussion, aber keine Drohung gehört. Und der betroffene Beamte selbst erklärt, er habe an dem Tag in der Zelle "nur mal groß klar Schiff" machen wollen und Privatsachen entfernt, die da nicht sein dürften. Die Drohung soll auf türkisch gefallen sein, ein Häftling habe sie ihm später übersetzt, sagt der Beamte. Der Prozess wird am 9. Oktober fortgesetzt.

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