Landgericht:Grausame Befehle im Kopf

Psychisch kranker Mann soll auf Mutter eingestochen haben

Von Susi Wimmer

49 Jahre lang verlief das Leben von Attila F. in geregelten Bahnen. Geboren in Ungarn, zog er als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Deutschland, absolvierte eine Lehre, gründete eine Familie und hatte als Lkw-Fahrer ein geregeltes Einkommen. Alles lief halbwegs normal. Bis zum Morgen des 11. Mai 2017. Da soll ihm eine penetrante, innere Stimme befohlen haben, seine Mutter zu töten, "um die Energie, die ich absorbiert habe, in die Gemeinschaft zurückzuführen", wie er jetzt vor Gericht sagt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Attila F. in Folge einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Symptomen fünfmal mit einem Küchenmesser auf seine 70-jährige Mutter eingestochen hat, um an ihr Erspartes zu gelangen, das sie in ihrem Wohnzimmersessel versteckt hatte. Er ist wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht München I angeklagt, die Staatsanwaltschaft will den Mann wegen Gemeingefährlichkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sehen.

"Ich habe meine Mama geliebt, ich bin mit ihr Einkaufen gefahren, habe sie zum Arzt gebracht", erzählt Attila F. Er spricht in der Vergangenheit, denn die 70-Jährige starb vier Monate nach dem Angriff. Ein Zusammenhang mit der Tat wird aber offenbar nicht hergestellt. Aus der Haft schrieb er noch einen Brief an seine Mutter, in dem er sich entschuldigt. "Ich war krank, ich habe es nicht gemerkt." Er würde sich freuen, wenn sie ihm verzeihe und er ihr einen Kuss auf die Wange geben dürfte. Er bekam keine Antwort.

Was sich in der Wohnung der Mutter in Sendling abgespielt hat, gleicht einem Horrorfilm. Zwei Tage vor der Tat war Attila F. aus seiner Wohnung geschlichen, weil er dachte, er habe keine Miete bezahlt. "Es ging mir da schon seit ein paar Wochen schlecht. Ich konnte nicht schlafen, mein Blutdruck war so hoch, und ich habe Stimmen gehört", sagt er. Bei seiner Mutter dann soll ihm eine Stimme befohlen haben, 24 Stunden lang immer zu sagen, dass er seine 15-jährige Tochter getötet, mit einem Messer zerstückelt und beerdigt habe. Die 70-Jährige rief den psychiatrischen Notdienst, doch Attila F. wollte nicht mit den Helfern in eine ambulante Klinik.

Das eine Mantra im Kopf wurde abgelöst vom nächsten: Diesmal sagte die Stimme, er müsse Energie in die Gemeinschaft zurückzuführen, er solle bei seiner Mutter anfangen und sie töten. "Ich hab ein Messer geholt aus der Küche und auf meine Mama eingestochen, später hab ich ihr ein Glas Wasser geholt", sagt er. Kurz bevor er zustach, rief die getrennt lebende Ehefrau von Attila F. bei der Schwiegermutter an und die 70-Jährige erzählte ihr weinend, dass Attila F. mit einem Messer vor ihr stehe. Anstatt die Polizei zu alarmieren, fuhr die Frau mit einem Bekannten zu der Wohnung in Sendling. Sie hörten die Schreie der 70-Jährigen durch die Türe und wählten die Notrufnummer. Mit einer Ramme öffnete die Polizei die Türe, überwältigte Attila F. und brachte die schwer verletzte Frau in eine Klinik. Die 70-Jährige hatte viel Blut verloren und verbrachte über zwei Monate im Krankenhaus und in einer Reha-Einrichtung, ehe sie verstarb.

"Ich nehme meine Medizin, ich brauche Hilfe, über einen längeren Zeitraum", sagt Attila F. Ein Urteil wird für den 23. März erwartet.

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