Landgericht:Angeklagter erklärt seine DNA an Tatorten mit Urin-Diebstahl

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  • Ein 39-Jähriger muss sich vor dem Landgericht München I wegen zwei Raubfällen verantworten.
  • Er soll ein Hotel und die Inhaber einer Spielautomaten-Firma überfallen haben.
  • Der Mann bestreitet die Taten und erklärt den Fund seiner DNA mit einem Komplott gegen ihn.

Von Susi Wimmer

Entweder verfügt Volodymyr Volodymyrovytsch I. über ein bewegtes Leben, oder über eine bewegte Fantasie - oder über beides. Der Mann aus der Ukraine schaut von Sitzungssaal A 229 in den wolkenverhangenen Himmel hinaus, vermeidet jeglichen Blickkontakt mit der zehnten Strafkammer am Landgericht München I und sagt, dass er mit den ihm hier vorgeworfenen zwei Raubfällen rein gar nichts zu tun habe. Dass nach dem bewaffneten Überfall auf das Hotel Mercure und auf die Inhaber einer Spielautomaten-Firma, insgesamt wurden mehr als 100 000 Euro erbeutet, seine DNA gefunden wurde, kann er sich nur mit einem Komplott gegen ihn erklären, genauer gesagt mit einem Urin-Diebstahl. "Das klingt jetzt abenteuerlich", kommentiert Richterin Judith Engel nüchtern.

Michaela Stolle (Name geändert) kam es so vor, "als ob alles nicht wirklich passiert, als ob ich über der Situation schwebe". Es war der 23. März 2014, ein Sonntagabend, als die damals 23-jährige Angestellte im Hotel Mercure Messe Süd vom Büro an die Rezeption ging, ihr ein maskierter Mann entgegenkam und eine Pistole auf sie richtete. Er dirigierte sie ins Büro, wo sie und ihr Kollege sich niederknien mussten. "Dann hat er uns mit so weißen Plastikbändern die Hände auf den Rücken gefesselt." In gebrochenem Deutsch forderte der Räuber Geld, und sie habe aus heutiger Sicht "blöd" reagiert. Da der Maskierte sich sofort ihr Handy und das des Kollegen vom Schreibtisch gegriffen hatte, sagte sie ihm, dass er nur an das Geld komme, wenn er sie losschneide - und wenn er ihr Handy nicht mitnähme. Am Ende entkam der Täter mit 2000 Euro. Die Handys ließ er zurück.

Über ein Jahr später, im September 2015, soll Volodymyr Volodymyrovytsch I. über die Terrassentüre in die Johanneskirchner Wohnung einer Dame eingedrungen sein, deren Familie im Spielautomaten-Geschäft tätig ist. Er bedrohte die Frau mit einem Messer, die gab ihm 82 000 Euro in bar sowie Schmuck im Wert von gut 35 000 Euro. Auf einem Ring, der zurück blieb, fand die Spurensicherung ein DNA-Muster, ebenso auf den Kabelbindern, mit denen die Opfer im Hotel gefesselt worden waren. Ein Abgleich mit der Datenbank einiger EU-Länder lieferte einen Treffer in Spanien. Dort hatte der 39-jährige Ukrainer auch schon gelebt - und wegen diverser Straftaten zwei Jahre im Gefängnis verbracht. Als er im Juli 2017 nach Polen einreisen wollte, wurde der mit internationalem Haftbefehl Gesuchte gefasst.

Er sei nur zweimal in München gewesen, um für 950 Euro Medikamente für die Chemotherapie seiner Mutter in einer Apotheke ohne Rezept zu kaufen, erklärt der Angeklagte. Er erzählt von seiner Flucht nach Schweden, nachdem er 2014 bei Unruhen in Odessa von zwölf Schüssen in den Rücken durchsiebt worden sei. Und er erinnert sich, dass er bei einer Mitfahrgelegenheit von Frankfurt nach München in eine Flasche urinierte - daher habe der Fahrer seine DNA gehabt, die dann irgendwie an die Tatorte gekommen sei. In der Ukraine seien das gängige Methoden. Seine Freunde hätten mal Bier getrunken, dann habe man ihnen die Flaschen mit ihren Fingerabdrücken genommen, Gas eingefüllt und sie des Terrorismus beschuldigt. Vier Verhandlungstage sind für die Geschichten des 39-Jährigen angesetzt.

© SZ vom 17.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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