Laim:Verfahren

Lesezeit: 2 min

Hindernis vor der Tür: Durch den neuen Radweg können Patienten nicht mehr vor der Praxis von Peter Tschuran im dunklen Ziegelbau (rechts) parken. (Foto: privat)

Lange haben Stadtteilpolitiker einen ordentlichen Radweg für einen Abschnitt der Agnes-Bernauer-Straße gefordert. Nun aber könnte der Ausbau zum Problem für einen Physiotherapeuten und seine Patienten werden

Von Andrea Schlaier, Laim

Seit zig Jahren legen sich die Laimer Lokalpolitiker dafür ins Zeug, dass der für Radfahrer gefährliche Flaschenhals an der Agnes-Bernauer-Straße ab der Ecke Fürstenrieder Straße stadtauswärts endlich geweitet wird; 2010 ist hier eine Radfahrerin tödlich verunglückt. Bis zur Neuburgerstraße gibt es keinen baulichen Radweg, sondern nurmehr Konkurrenz auf mitunter äußerst knappem Straßenraum: Autos, Laster, Tram und eben Menschen auf zwei Rädern müssen hier miteinander klarkommen. Abhilfe ist gerade auf dem Weg. Das Baureferat ist seit Ende Juli dabei, einen sogenannten baulichen Radweg - sprich mit abgrenzendem hohen Bordstein zur Straße hin - zwischen Fürstenrieder und Neuburgerstraße zu bauen. Den entscheidenden Schub zur Umsetzung gab der Münchner Radwegentscheid; denn über diesen Abschnitt wird künftig die Ost-West-Route für Biker verbunden.

Physiotherapeut Peter Tschuran ist entsetzt über die Neuerung. Seine Praxis liegt direkt an der neuen Spur, für die insgesamt 18 Parkplätze weichen mussten. Für sein Geschäft und seine Patienten erweise sich der neue Radweg als schier unüberwindlicher Stolperstein: Gehbehinderte müssten durch die weggefallenen Parkbuchten nun unzumutbare weitere Wege auf sich nehmen. "Es ist eine Frechheit", schimpft Tschuran im Gespräch mit der SZ, nicht mal zwei oder drei Parkplätze haben sie übrig gelassen", damit mobilitätsbeeinträchtigte Patienten vor der Tür aussteigen könnten. "Für ältere, frisch operierte Patienten oder Leute mit Gehhilfen ist es zu beschwerlich, wenn sie 200 oder 300 Meter weit herlaufen müssen." Im Innenhof des relativ neuen Geschäftshauses, in dem er auch seine Praxis hat, gebe es für den ganzen Komplex zwar sechs Parkplätze; er verfüge aber nur über zwei und die halte er für seine Angestellten frei. "80 bis 90 Patienten kommen täglich zu uns und ein paar haben uns schon wegen der Verkehrssituation abgesagt", klagt der Physiotherapeut. Nur eineinhalb Wochen vor Beginn des Umbaus sei er von der Stadt informiert worden und habe damit praktisch keinerlei organisatorischen Vorlauf gehabt. "Ich sehe das als Schikane an!"

CSU-Fraktionssprecherin Alexandra Gaßmann übte sich in der jüngsten Bezirksausschuss-Sitzung ebenfalls in Erregung und sprang Tschuran zur Seite: "Ich bin stinksauer auf die Verwaltung, da wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet!" Die Lokalpolitik müsse sich darauf verlassen können, dass die städtischen Stellen sich vor einer solchen Maßnahme um derlei Belange kümmerten; es sei nicht hinzunehmen, dass Patienten jetzt nicht mehr mit dem Auto bis zur Praxis gebracht werden könnten. Irritiert von so viel Furor verwies Christian Hartranft (Grüne), Vorsitzender des Unterausschusses Mobilität, darauf, "dass das Projekt nicht von heute auf morgen realisiert wurde". Es sei seit Jahren in den Medien darüber berichtet worden. "Mich wundert deshalb der Aufschrei, obwohl ich es wirtschaftlich auch verstehe." Auch das Baureferat verweist in dem Zusammenhang auf die lange Historie und entsprechende Bezirksausschussbeschlüsse wie auch einen Antrag der SPD-Stadtratsfraktion aus den Vorjahren. In enger Abstimmung habe das Referat dann mit der Straßenverkehrsbehörde, Stadtwerken und Münchner Verkehrsgesellschaft die Projektplanung "Agnes-Bernauer-Straße, Radweglückenschluss zwischen Fürstenrieder- und Neuburgerstraße" erstellt - wiederum mit Zustimmung des BA. "In der Vorlage für den Bezirksausschuss wurde unter anderem ausgeführt, dass nur ein baulicher Radweg ein Zuparken und ein damit verbundenes gefährliches Ausweichen der Radfahrer*innen in den Schienenbereich verhindern kann." Ebenso sei kommuniziert worden, dass die Bauarbeiten während der Streckensperrung der Linie 19 ausgeführt würden sowie der Umbau der Kreuzung Fürstenrieder Straße/Agnes-Bernauer-Straße zusammen mit der Tram-West-Tangente erfolgen werde. Derzeit laufen die letzten Arbeiten für den Radweg..

Ausschuss-Chef Josef Mögele (SPD) setzte in der Ausschuss-Sitzung auf Moderation: "Wir sind uns alle einig, dass der Radweg gemacht werden muss. Aber ich glaube, wir müssen uns auch drum kümmern, dass die Situation für die Praxis entschärft wird." Gegen zwei Stimmen sprach sich das Gremium dafür aus, die Verwaltung um Lösungsvorschläge zu bitten.

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: