Laim:Riegel im historischen Gefüge

Der Eigentümer des Laimer Schlössls will inmitten des parkähnlichen Ensembles eine Großgarage errichten. Während Stadt und Denkmalbehörde den Bauantrag noch prüfen, erhebt sich Protest gegen die Pläne

Von Andrea Schlaier, Laim

Der Verkauf des Laimer Schlössls, dem Kleinod in der historischen Mitte Laims, hat im Viertel einige aufgeschreckt. Knapp 70 Jahre gehörte das Anwesen an der Agnes-Bernauer-Straße 112 mit weitläufigem Grund der Familie Leuthenmayr, die es 2018 an eine Privatperson veräußerte. Bis heute ist es in seinen wesentlichen Grundstrukturen erhalten, so wie sie Architektur-Star und ehemaliger Münchner Stadtbaumeister Theodor Fischer Anfang des vergangenen Jahrhunderts für seine Zwecke gestaltet hatte. Nach dem Kauf 1908 ließ Fischer das einstige Jagdschloss von Kurfürst Max Emanuel aus dem 18. Jahrhundert zu seinem Wohnhaus ausbauen. Das Ensemble wurde komplettiert durch das lang gestreckte Wirtschaftsgebäude an der östlichen Flanke, in dem Fischers Freund und Büroleiter, der Architekt Oskar Pixis, wirkte und mit seiner Familie lebte. Verbunden sind die beiden Bereiche seither durch einen parkähnlichen Garten. In diesen Verbindungsraum hinein überlegt der neue Schlössl-Eigentümer nun, ein 15 Meter langes und sechs Meter breites oberirdisches, eingeschossiges Garagengebäude mit Spitzgiebel in Nord-Süd-Richtung zu stellen und im Laimer Schlössl selbst fünf Wohn- und eine Büroeinheit zu schaffen. Zum zweiten Mal schrillen jetzt bei der örtlichen Politik und den Nachbarn die Alarmglocken.

Ein entsprechender Bauantrag - die Pläne liegen der Süddeutschen Zeitung vor - sind einem Sprecher des Planungsreferates zufolge im Oktober bei der Lokalbaukommission (LBK) eingegangen. Es gehe um "Umbau und Sanierung eines denkmalgeschützten Wohngebäudes und Neubau einer Garage". Noch immer, sagt der Referatssprecher, werde geprüft, die Untere Denkmalschutzbehörde sei eingebunden. Das Schlössl selbst steht unter Denkmalschutz, der angegliederte Park unter Landschaftsschutz.

Laimer Schlössl, Agnes-Bernauer-Straße, Ansicht Nord-Ost Obstgarten

Hier sieht man das Schlössl, so wie es der ehemalige Münchner Stadtbaumeister Theodor Fischer Anfang des vergangenen Jahrhunderts gestaltet hat.

(Foto: Familienarchiv Pixis)

Christian Pixis, Enkel von Oskar Pixis, lebt mit seiner Familie in der Heimstatt seiner Vorfahren. Er sieht sich nicht allein als Bewahrer dieses architektonischen Gefüges, er unterstützt auch mit privaten historischen Unterlagen lange schon entsprechende wissenschaftliche Forschungen, öffnet sein Haus regelmäßig für Studien junger Architekten. Sein Urteil über die aktuelle Planung: "Ein Nord-Süd-Garagengebäude im Garten des Laimer Schlössls würde die offene Ost-West-Verbindung zwischen denkmalgeschütztem Pixis-Garten und denkmalgeschütztem Schlössl-Garten zerstören." Der vom Investor geplante Garagenbau als Riegel hebe die Verbindung und den freien Blick vom Pixis-Haus nach Westen in den Schlössl-Garten und umgekehrt auf. Wesentlich für das denkmalgeschützte Gesamtareal seien Blickachsen und seine landschaftliche Weite mitten in der Stadt, "ein unversehrtes Erbe des historischen Laimer Zentrums". Über Generationen sei dieser wertvolle grüne Stadtraum erhalten geblieben. "All dies", sagt Christian Pixis, "würde einer unzeitgemäßen Großgarage zum Opfer fallen."

Seit Jahrhunderten seien Schlössl und Pixishaus "untrennbar aufeinander bezogen". Therese Fischer und Hertha Pixis (Tochter der Henry David Thoreau-Verlegerin und Frauenrechtlerin Emma Emmerich), die Ehefrauen der Architekten, wie auch Oskar Pixis, hätten die Gartenlandschaft so gestaltet, "dass sie zum Nutzen und Vorteil aller ineinander übergehen sollte und trotz verschiedener Eigentümer der ungeteilte Park als Erholungslandschaft den Menschen gleichberechtigt zur Verfügung stehen sollte". Der Gedanke ist der angelsächsischen Gartengestaltung entliehen. Dieser in den privaten Fischerschen und Pixischen hineingearbeitete Reformgarten sei damit Teil der Reformarchitektur, die die beiden Architekten zusammen mit ihren Kollegen hier modellhaft für den sozial orientierten Gartenstadt-Siedlungsbau ersonnen, umgesetzt und deutschlandweit realisiert haben. Christian Pixis schlägt dem neuen Nachbarn deshalb eine alternative Bauweise vor: "Eine Tiefgarage bauen wie alle anderen auch, die den Garten als Lebensraum in der Stadt schätzen."

Laimer Schlössl, Agnes Bernauer Straße, Garten

Den Garten hat 1928 Therese Fischer, geborene Huberti, angelegt.

(Foto: Familienarchiv Pixis)

Begleitet von reichlich Kritik, lehnte jetzt auch der Laimer Bezirksausschuss (BA) die vorgelegten Pläne einstimmig ab. "Wir müssen der Stadt sagen, dass es nicht geht, eine oberirdische Garage in so ein Grundstück reinzubauen", erklärte Gremiums-Chef Josef Mögele (SPD). Er habe das Gefühl, die LBK erkenne die Tragweite nicht. Heidi Schiller (Grüne) schüttelte den Kopf: "Wenn ich so ein Objekt kaufe, muss mir doch klar sein, dass es ein Denkmal ist. Da baue ich keine Garage rein." Anette Zöllner (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Bauen, empfahl, das Landesamt für Denkmalpflege aufzufordern, den Denkmalschutz "maximal einzufordern". Man wolle, auch da war sich das Gremium einig, "keinesfalls etwas versäumen". Und, so, Mögele: "Wir wollen kein zweites Uhrmacherhäusl in Laim."

Noch ist nichts entschieden. "Wer Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will, (...) bedarf der Erlaubnis", heißt es in Artikel sechs des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes. Die erteilt im Fall des Schlössls die LBK; das Landesamt für Denkmalpflege muss in den Abwägungsprozess eingebunden werden und eine fachliche Stellungnahme abgeben. "Für den konkreten Fall", so eine Sprecherin der Denkmal-Behörde, könnten sich aus der öffentlichen Diskussion ergebende Fragen nicht beantwortet werden, weil die Antragsunterlagen noch nicht vorlägen.

Laimer Schlössl in München, 2018

Bis heute ist das Laimer Schlössl in den wesentlichen Grundstrukturen erhalten.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ein Vertreter des Eigentümers, der nicht namentlich in der Zeitung genannt werden will, betont wie schon einmal im Gespräch mit der SZ: "Vorrangiges Ziel des neuen Besitzers ist es, das Schlössl zum Positiven weiter zu entwickeln." Der eingereichte Bauantrag sei unter Berücksichtigung der geltenden baurechtlichen Rahmenbedingungen erstellt, die unter anderem auch einen Nachweis von Stellplätzen vorsähen. Aufgrund der um die Agnes-Bernauer-Straße bestehenden Bauvorschriften, sei nur die Möglichkeit geblieben, "die zwingend erforderlichen Stellplätze" an die derzeit geplante Stelle zu platzieren ohne den Garten vollständig zu entwerten. "Es ist nachvollziehbar", so der Eigentümer-Vertreter, "dass sich hieraus ein gewisser Konflikt mit den historischen Gedanken von Herrn Fischer ergeben könnte". Daher habe man bei der Planung auch darauf geachtet, dass die weitere Gartenfläche in Anlehnung an historische Vorlagen wiederhergestellt werden könne und damit der ursprünglichen Gestaltung deutlich näher komme als dies aktuell der Fall sei. Eine Beurteilung der Pläne sei nun Aufgabe der Denkmalbehörde. "Wir wollen der Prüfung nicht zuvorkommen und werden zunächst die Antwort der Behörde abwarten, bevor wir die Planung fortsetzen."

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