Laim:Muntere Oase

Seit 30 Jahren haben die Stadtbibliothek und die Volkshochschule an der Fürstenrieder Straße 53 ihr Zuhause. Für die Menschen im Viertel ist der Bau längst zum unverzichtbaren Kulturtreff geworden

Von Andrea Schlaier, Laim

Davon träumen sie in so manchem Bürgerhaus. Dass die Leute kommen, selbst wenn überhaupt nichts auf dem Programm steht. Sich aus dem Kaffeeautomaten einen Cappuccino ziehen und sich mit der Freundin in ein ruhiges Eck an der lichten Glas-Fassade oder im zwitschernden Lesegarten zwischen Sommerflieder und Zaubernuss setzen, einfach zum Ratschen. Oder dass sie sich nachmittags dort mit den Kindern der halben Straße zum Mitmach-Theater verabreden oder abends, wenn ein Verein aus dem Viertel seine neuesten Erkenntnisse präsentiert.

Die Stadtviertelbibliothek in Laim ist den Leuten im Viertel schon lange mehr als eine gut sortierte Schmökerstube. Das Haus ist ein kultureller Treffpunkt in einer, was das angeht, Stadtviertel-Diaspora. Vor ziemlich genau 30 Jahren ließ die Stadt von Architekt Kurt Ackermann fürs Viertel eine eigene Bibliothek und eine Dependance der Volkshochschule (VHS) an die Fürstenrieder Straße 53 stellen. Das feiern die beiden Einrichtungen am Samstag, 1. Juli, von 11 bis 21 Uhr ausgiebig.

Laim: Kreatives Trio: Eva Fetzer (rechts), Stefanie Zech (links) und Michael Widl-Stüber bieten ein vielseitiges Programm.

Kreatives Trio: Eva Fetzer (rechts), Stefanie Zech (links) und Michael Widl-Stüber bieten ein vielseitiges Programm.

(Foto: Catherina Hess)

Man kann sich schrecklichere Arbeitsplätze vorstellen als die von Eva Fetzer und Stefanie Zech, der Chefin und ihrer Stellvertreterin in der Stadtbibliothek Laim. Zusammen mit Michael Widl-Stüber, Stadtbereichsleiter München-West der VHS, sitzen sie im Lesegarten an der südlichen Flanke des Baus im Schatten eines Ahorns, die meterhohe "Sitzfigur" des Bildhauers Lothar Fischer im Rücken. Sie wissen um die von den Nachbarn im 55 000-Einwohner-Quartier geschätzten Vorzüge ihrer Oase dies- und jenseits der großen Fensterscheiben. "Der Bedarf nach einem Ort mit Aufenthaltsqualität, wo man sich zwischen Wohnen und Arbeitsplatz treffen kann, ist groß. Darauf wollen wir reagieren", sagt Eva Fetzer. 200 000 Besucher zähle man im Jahr, so Zech: "Das sind 800 am Tag, und die leihen nicht alle etwas von unseren 50 000 Medien aus, die nutzen uns als Lernort und Treffpunkt."

Seit neuerdings das "Late Night Lernen" in den Stadtbibliotheken eingeführt worden sei, kämen Realschüler zu später Stunde zum Pauken vorbei; überhaupt mache das freie Wlan das Haus als Arbeits- und Studier-Ort attraktiv; Kinder nutzten, begleitet von den Eltern, die medienpädagogische Kompetenz des Fachpersonals. 10 000 Kunden zählt die Kartei, darunter 3600 unter 18 Jahren. Gleichzeitig sei es wichtig, "den Bürgern und Vereinen in Laim die Möglichkeit zu bieten, hier auszustellen. Stefanie Zech, die die Veranstaltungen koordiniert, spricht vom Konzept einer "vielseitigen Nutzung". Der Übergang zu einer "modernen Veranstaltungsplattform" wurde mit dem Umzug in die Fürstenrieder Straße eingeläutet.

Ausstellung "Lesezeichen" der Stadtbibliothek in München Laim, 2014

Das Programm beinhaltet auch eine Schau aus individuellen "Lesezeichen".

(Foto: Catherina Hess)

Umgesiedelt ist man von einer äußerst beengten Lese-Stube. An der Fürstenrieder Straße 166, heute auf dem Gebiet Haderns, zwängten sich Bibliothekarinnen, Leser und 31 000 Medien auf 235 Quadratmetern. An der Fürstenrieder Straße 53 waren es dann mit einem Schlag 750 Quadratmeter für zunächst 46 700 Medien. Wie lauschig es in der alten Dependance noch zuging, lässt sich in einer Ausstellung studieren, die Josef Kirchmeier für den Historischen Verein mit fotografischer Unterstützung von Josef Stöger konzipiert hat und die an diesem Mittwoch, 28. Juni, um 19.30 Uhr im neuen Domizil eröffnet wird. Die Stadtteil-Historiker sind Dauergäste im Haus, und Kirchmeier ist ein Insider. 1987 war er noch Verwaltungsdirektor der Münchner Stadtbibliothek und am Entstehen der neuen Zweigstelle beteiligt. Seinen Recherchen zufolge gab es bereits 1930 im Gewofag-Gebäude an der Ecke Fürstenrieder/ Schulmeierstraße die erste Laimer Volksbücherei, zwei durch einen Hausflur getrennten kleine Räume.

In der Fürstenrieder Straße 53 zog man 1987 nicht allein in eine neue Bücherei, sondern in ein "Stadtteilzentrum". Unter einem Dach wohnten jetzt auch Meldestelle, Sozialberatungsstelle sowie die Volkshochschule. "Weltgeschichte im Überblick" wurde hier damals noch unter der Rubrik angeboten "Für Hausfrauen: Studienprogramme am Vormittag mit Kinderbetreuung." Vor der Eröffnung, sagt Widl-Stüber, hatten wir im Durchschnitt 60 Veranstaltungen, die überwiegend dezentral in Schulen angeboten wurden". Mit eigenen Räumen im dritten und vierten Stock des Komplexes sind es inzwischen 146.

Im Rücken des VHS-Bereichsleiters sprüht auf dem Nachbargrundstück seit einer Stunde ein Wassersprinkler vor sich hin. Dort hätte eigentlich längst als zweiter Bauabschnitt der Stadtbibliothek ein Kulturhaus stehen sollen. Hätte, hätte, eine andere Geschichte. Das mit der Kultur managen sie jetzt jedenfalls auf ihre Weise rund ums deshalb bewusst luftig möblierte Bücher-Arrangement. Und am 1. Juli mit entsprechendem Programm. Darunter Doktor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater (11 Uhr), Roman- und Reiseführer-Flohmarkt (14.30 bis 16.30 Uhr), Wellküren (17 Uhr), Workshops und der offizielle Empfang mit Honoratioren um 13.30 Uhr.

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