Süddeutsche Zeitung

Laim:Mit einer gesunden Portion Pragmatismus

Im Laimer "Interim" bietet ein rein ehrenamtliches Team seit 30 Jahren Raum für Kultur und Begegnung. Aus Anlass des Jubiläums spricht Marcus Janke als Leiter des Hauses über anstehende Veränderungen

Interview von Andrea Schlaier, Laim

Dass dieses unscheinbare Haus am Laimer Anger bis 1956 einmal eine evangelische Interimskirche war, sah man ihm vor 30 Jahren schon nicht mehr an. Damals, als es eine kleine Gruppe von zehn Leuten in Beschlag genommen hatte, um es in einen "soziokulturellen Ort" mit Taschenbühne zu verwandeln. Die Farbe an den bröselnden Wänden war noch nicht trocken, da stieg im Oktober 1989 schon das Eröffnungskonzert mit der Fraunhofer Saitenmusik, gefolgt von den ersten "Münchner Rocktagen". Wie lange die Aktivisten das durchhielten? Bis heute. Unter der Leitung von Hans Falter und seinem ausschließlich ehrenamtlichen Team entwickelte sich das "Interim" zur einzigen Einrichtung, die in Laim das Label Kulturbühne verdient. Vor knapp zwei Jahren hat Marcus Janke Hans Falter beerbt. Wir sprachen anlässlich des Jubiläums mit ihm über Geschichte und Zukunft des Hauses.

SZ: Herr Janke, wofür stand für Sie das Interim, als Sie Hans Falter nachfolgten?

Marcus Janke: Bereits vor der Übernahme habe ich mehr als zehn Jahre im Interim mitgearbeitet - wie alle natürlich ehrenamtlich. Mein Ziel war und ist es, den gewachsenen Charakter der Kulturstätte weiterleben zu lassen - den Bürgertreff für Laim mit einem vielschichtigen Veranstaltungsangebot und mit Möglichkeiten, sich in den beliebten Gruppen zu betätigen, wie etwa Tanz und Chor. Die Besucherzahlen - der Saal fasst 199 Leute - und die Rückmeldungen zeigen dabei klar, dass wir nicht nur in Laim, sondern in München und Umgebung einen festen Platz haben und längst keine Interimslösung mehr sind.

Hat sich in der Außenwirkung des Hauses seit Ihrer Übernahme etwas geändert?

Früher traf man auch werktags mitten in der Nacht immer eine heitere Runde in der Gastro an, die gesellig bei Bier und Zigaretten zusammensaß. Da wir das Rauchverbot umgesetzt haben und die heutigen Mitarbeiter fast alle voll berufstätig sind, hat sich diese Runde aufgelöst. Dafür haben wir aber das Ambiente im Haus ansprechender gestaltet, dank der Unterstützung von Stadt und Bezirksausschuss. Mit viel Eigenleistung haben wir etwa eine neue Bühne geschaffen, außerdem auch das Büro modernisiert, Keller und Dachboden gründlich ausgemistet.

Worauf liegt Ihr inhaltlicher Fokus?

Auf der Änderung von internen Abläufen, sodass diese möglichst effizient mit wenig Arbeitsbelastung sind. Auch die Kommunikation mit den Gruppen und Künstlern erfolgt jetzt zeitgemäß per Mail, sodass wir als berufstätige Mitglieder des Interims leichter die Absprachen treffen können. Das Programm bietet weiterhin ein breites Spektrum von Musik, Theater, Kabarett, Performance, Kunstausstellungen und gleichzeitig Platz für Neues: Gruppen, die noch nie im Interim waren, und Gruppen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen. So ergänzen sich Etabliertes wie die "Internale" - das Festival der akustischen Musik - und neue Angebote wie das Dialog-Café, für Menschen, die die deutsche Sprache praktizieren möchten.

Vielen ist nicht bewusst, dass das Interim rein ehrenamtlich betrieben wird. Welche Belastungen kommen da zusammen?

Die Gruppe der Aktiven ist von Anfang an relativ klein, und alle anfallenden Aufgaben müssen erledigt werden - sei es Buchhaltung, Modernisierung, Künstlerbetreuung, Programmgestaltung oder auch mal eine verstopfte Toilette reinigen. Ich bin sehr froh über diesen Kreis von ehrenamtlichen Unterstützern. Wir haben Mitarbeiter, die nur sporadisch wenige Stunden im Monat oder bei besonderen Veranstaltungen helfen und andere, die quasi jede freie Minute inklusive einem Großteil ihres Urlaubs im Interim aktiv sind.

Wer fördert das Interim finanziell?

Die Landeshauptstadt mit verschiedenen Referaten, der Bezirksausschuss Laim, verschiedene Spender und Sponsoren, Förder- und aktive Mitglieder und letztlich die Besucher mit ihrem tollen Zuspruch und damit der Motivation für unsere Arbeit.

Was muss eine so kleine Kulturzelle im Jahr 2019 in einer immer weiter wachsenden Großstadt bieten?

Einen eigenen Charakter und ein interessantes Angebot: Das geht vom gemütlichen und individuellen Ambiente über eine gesunde Portion Pragmatismus bis hin zum abwechslungsreichen Programmangebot. Begrenzungen kommen über die Raumkapazitäten, denn bereits heute übersteigt die Anzahl der Anfragen von Künstlern und Gruppen bei weitem unsere Möglichkeiten. Gleichzeitig kann und will das Interim nicht als Konkurrenz zu den großen Kulturhäusern der Stadt agieren. Ziel ist es, ein lokales und ergänzendes Angebot zu schaffen.

Sie haben drei Interim-Wünsche frei ..

. Der größte Wunsch ist, dass sich die Besucher, Künstler und Unterstützer weiterhin so wohlfühlen und engagieren. Der weitere Wunsch, den Boden im Saal, die Heizungsanlage und das Schließsystem zu modernisieren - ist alles bereits in erster Planung.

Jubiläumsprogramm zu "30 Jahre Interim", Am Laimer Anger 2: Freitag, 18. Oktober, 20 Uhr, Fraunhofer Saitenmusik; Samstag, 19. Oktober, 20 Uhr, Kabarett mit Josef Brustmann; Sonntag, 20. Oktober, 15 Uhr, Kinderkasperltheater mit Familie Rotter. Kartenreservierung unter der Telefonnummer 54 66 29 51.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2019
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