Lärmschutz in München:Auf leisen Sohlen

Die EU verlangt von der Stadt, gegen Lärm vorzugehen - die berät nun über Flüsterasphalt für belastete Straßen und eine Wiederbelebung des Schallschutzfensterprogramms.

Berthold Neff

München soll leiser werden. Nach dem von der EU geforderten Luftreinhalteplan, der zur Einrichtung der Umweltzone führte, geht es nun darum, den Lärm zu bekämpfen. Im Umweltschutzausschuss an diesem Dienstag diskutiert der Stadtrat den Lärmaktionsplan und berät darüber, das Schallschutzfensterprogramm neu zu starten.

Lärmschutz in München: Wenn sich der Lärm von Straßenverkehr, Trambahnen und Gewerbe addieren, kommt es in München zu Belastungen von bis zu 70 Dezibel. Das soll sich unter anderem durch einen neuen Straßenbelag ändern.

Wenn sich der Lärm von Straßenverkehr, Trambahnen und Gewerbe addieren, kommt es in München zu Belastungen von bis zu 70 Dezibel. Das soll sich unter anderem durch einen neuen Straßenbelag ändern.

(Foto: Foto: Haas)

Es war 2003 wegen der Finanzkrise gestoppt worden und soll nun mit jährlich 300000 Euro Fördermitteln neu aufgelegt werden. Aus dem staatlichen Konjunkturförderprogramm II will die Stadt außerdem insgesamt 6,6 Millionen Euro abrufen, um damit auf den am stärksten belasteten Straßen Flüsterasphalt zu verlegen.

Wie laut München derzeit bei Tag und bei Nacht ist, kann man nicht nur hören, sondern auch sehen. Das Umweltreferat hat, wie von der EU gefordert, Lärmkarten für die gesamte Stadt ins Internet gestellt. Sie berücksichtigen den Straßenverkehr, die Trambahnen und den oberirdischen U-Bahn-Verkehr sowie den Gewerbelärm.

Mehr als 500 Münchner im Monat nutzen seither die Möglichkeit, interaktiv unter Eingabe ihrer Adresse den offiziellen Lärmpegel zu überprüfen. Die Karten lassen sich sowohl für den Lärm bei Tag als auch für den bei Nacht abrufen. Der Lärm, den der Eisenbahnverkehr verursacht, ist aus den städtischen Karten nicht abzulesen, soll aber demnächst beim Eisenbahn-Bundesamt abrufbar sein.

Die Messungen ergaben, dass 150 Kilometer des insgesamt 2800 Kilometer umfassenden städtischen Straßennetzes mit einem Lärmpegel von mehr als 70 Dezibel (tags) oder 60 Dezibel (nachts) belastet sind und deshalb in den Lärmaktionsplan aufgenommen werden müssen. Die Chancen darauf, in den Lärmaktionsplan zu kommen und danach von Lärmschutzmaßnahmen zu profitieren, ist für Gebiete mit hoher Einwohnerdichte besonders groß. Die Zahl der vom Lärm betroffenen Personen erhöht das sogenannte Lärmbewertungsmaß. Der Spitzenwert in der Dringlichkeitsliste fiel übrigens an einen Straßenabschnitt, wo es seit Montag schon viel ruhiger zugeht, weil ein Teil des Verkehrs nun unter der Erde lärmt: die Richard-Strauss-Straße.

Auf Rang zwei folgt die Tegernseer Landstraße (als Teil des Mittleren Rings) zwischen Grünwalder und Chiemgaustraße, noch vor der Landshuter Allee zwischen Borstei und Richelstraße. Die meisten Problemgebiete liegen im Süden, weil der Mittlere Ring im Norden meist durch unbebautes Gebiet - etwa im Bereich Olympiapark - führt oder aber unterirdisch verläuft (Petueltunnel, Biedersteiner Tunnel).

Leiser Asphalt ist nicht genug

Für insgesamt 27 Untersuchungsgebiete will die Stadt nun das weitere Vorgehen beraten. Dazu werden sie in vier Quartiere aufgeteilt, in denen unter Einbeziehung der Bezirksausschüsse im Rahmen von Bürgerforen Experten und Anwohner Vorschläge zur Lärmminderung diskutieren sollen. Diese Öffentlichkeitsphase soll im Herbst beginnen, im Frühjahr 2010 enden und etwa 90.000 Euro kosten. Die vorgeschlagenen Lösungen sollen danach auf ihre Wirksamkeit - und ihre Finanzierbarkeit - überprüft werden.

Aktiven Lärmschutz kann die Stadt in diesem und im nächsten Sommer für insgesamt sieben Straßenabschnitte einplanen, darunter Teile der Chiemgaustraße, der Fürstenrieder Straße, der Moosacher Straße, der Wasserburger Landstraße, der Landsberger Straße sowie der Orleansstraße. Dort soll mit Geld aus dem Konjunkturprogramm des Bundes herkömmlicher Asphalt durch lärmmindernden Belag ersetzt werden.

Nach Ansicht von Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne) ist es aber auch unbedingt erforderlich, das städtische Schallschutzfensterprogramm neu aufzulegen. Von 1975 bis 2003 wurden durch dieses Programm städtische Zuschüsse von 16 Millionen Euro für den Einbau von Schallschutzfenstern in insgesamt 2644 Gebäuden bezahlt. Investitionen in ähnlicher Höhe wären nach wie vor nötig. Den städtischen Messungen zufolge gibt es immer noch etwa 5000 Anwesen, in denen es (Tag und Nacht zusammengerechnet) mehr als 70 Dezibel laut ist. In 578 Gebäuden ist es sogar nachts lauter als 65 Dezibel. Diese Liste erfasst nicht nur Wohngebäude, sondern auch Schulen und Krankenhäuser.

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