Ladenschluss:München kann Metropole - zumindest ein bisschen

Ladenschluss: Als sie eröffneten, war es sogar der Berliner Zeitung eine Geschichte wert, dass München nun auch einen Späti hat.

Als sie eröffneten, war es sogar der Berliner Zeitung eine Geschichte wert, dass München nun auch einen Späti hat.

(Foto: Catherina Hess)

Der Laden Szenedrinks musste erst schließen und hat jetzt schnell einen neuen Ort gefunden, um Alkohol auch nach 20 Uhr zu verkaufen. Geht doch, möchte man sagen.

Kommentar von Pia Ratzesberger

München hat es nicht leicht. Das Großstädtische wird der Stadt abgesprochen, zumindest außerhalb ihrer Grenzen, und wenn die Einheimischen dann endlich einen Beweis gefunden haben, dass ihre Stadt eben doch Metropole ist, kommt ihnen dieser nach nur zwei Jahren wieder abhanden: Der Laden Szenedrinks in der Baaderstraße nämlich diente manchen als Beleg, endlich ein Späti, schnauften sie, Bier kaufen nach 20 Uhr, das ging sonst nur am Reichenbachkiosk oder im Isarparkhaus.

Als das Geschäft in diesem Sommer gezwungen war zu schließen, musste der Späti allerdings wieder als Beweis herhalten, nun aber für die entgegengesetzte These: München, spießiges Dorf.

Dabei hat Szenedrinks schon nach kurzer Zeit einen neuen Standort gefunden, wieder in der Isarvorstadt, wieder in der Nähe des Gärtnerplatzes. Ab Februar kommenden Jahres zieht der Laden in die Fraunhoferstraße 12, verkauft auf doppelt so großer Fläche wie vormals, in der Nacht wird nicht mehr nur Bier über den Tresen gehen, sondern auch Schnaps.

Die Münchner Vermieter sind also offenbar lange nicht so spießig wie ihnen gemeinhin unterstellt wird, neue Lokale, Bars und Geschäfte haben durchaus eine Chance - zumindest, wenn die Unternehmer hartnäckig bleiben und vor allem, wenn sie zusammenhalten, wenn sie sich erzählen, wo ein Laden leer steht und wann einer frei wird.

Natürlich sind die Mieten viel zu hoch, natürlich ist der Immobilienmarkt ein Wahnsinn, aber die meisten Münchner wollen eben doch keine Stadt, in der sich stumme Wohnviertel aneinanderreihen, sondern eine Stadt, die auch mal laut ist, die sich traut, die bebt. Wer versteht, dass es eine solche Stadt nur geben kann, wenn auch das eigene Haus lärmen darf, der klagt nicht über ein neues kubanisches Restaurant im Erdgeschoss, der vermietet die Räume auch an eine Kneipe - oder an einen nachts geöffneten Getränkemarkt.

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