Süddeutsche Zeitung

Humorsymposion:Mit dem Spaß Ernst machen

Bruno Jonas von der Lach- und Schießgesellschaft sowie Mitstreiter von der LMU und vom Forum Humor und komische Kunst berufen einen "Zentralrat des deutschen Humors" ein.

Von Oliver Hochkeppel

Mit der Ironie ist es bekanntlich so eine Sache. So fragte ein Journalist am Donnerstag bei der Pressekonferenz, bei der die Lach- und Schießgesellschaft zusammen mit dem Forum Humor und komische Kunst e.V. und der Ludwig-Maximilians-Universität München die Einberufung eines "Zentralrats des deutschen Humors" erläuterte, ob der Name nicht zu sehr nach DDR klinge. Worauf ihm Bruno Jonas, der Initiator des Ganzen, erklären musste, dass der Titel natürlich nicht ernst gemeint sei. Bislang mussten meist Journalisten ihren Lesern nahebringen, dass sie etwas nicht im Wortsinn verstanden wissen wollen. Doch Humor-Handwerk wie das uneigentliche Sprechen oder die Trennung zwischen Person und Figur scheint immer öfter Anlass zu Unverständnis und Streit zu geben, wie aktuelle Diskussionen zeigen, von zum Skandal aufgeblähten Mücken wie einem Kinderchor-Lied im WDR ganz zu schweigen. "Die Begrifflichkeiten verschwimmen immer stärker", konstatiert Jonas, "worüber soll, darf und kann noch gelacht werden und worüber keinesfalls?"

Fragen, die Jonas schon lange umtreiben, schon in seiner nie abgegebenen Magisterarbeit oder bei einer großen Veranstaltung zum Thema "Humor und Glauben" im Passauer Scharfrichterhaus, die ihm jetzt Anstoß zur Gründung des Humor-Zentralrats war. Zu der vor einigen Monaten von Jonas übernommenen Lach- und Schießgesellschaft stießen schnell die Ludwig-Maximilians-Universität in Gestalt von Friedrich Vollhardt, Ordinarius am Institut für Deutsche Philologie, und das Forum Humor und komische Kunst mit deren Vorständen Reinhard Wittmann ("das ist ja genau unsere Stoßrichtung, da wollten wir gerne die Kräfte vereinen") und Tini Polt als Mitveranstalter dazu. Einmal jährlich soll nun in einem mehrtägigen Humorsymposion öffentlich den Begriffen auf den Grund gegangen und den Entwicklungen nachgespürt werden, erstmals am 25. und 26. November in der Großen Aula und im Audimax der LMU.

Theorie und Praxis sollen nach Jonas' Willen dabei aufeinanderstoßen, und zwar alle ästhetischen Erscheinungsformen des Komischen einbeziehend. Dazu werden sechs Paarungen aus Wissenschaftlern und Künstlern verschiedenster Richtungen gebildet, die jeweils ein Referat halten, bevor man in die Diskussion mit dem Publikum eintritt. So wird Jonas selbst auf seinen ehemaligen Professor Jörg Schönert treffen, um die Geschichte der Satire Revue passieren zu lassen. Lisa Eckhardt - selbst unlängst Mittelpunkt einer Kontroverse - und der Hamburger Jurist Reinhard Merkel befassen sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen, bei FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube und Gerhard Polt geht es um das Komische in der Presse. Das Karikaturisten-Gespann Greser und Lenz und der Kunsthistoriker Jürgen Müller widmen sich dem offenen und versteckten Humor in der Kunst, um die evolutionsgeschichtlichen Grundlagen dreht es sich bei der Literaturwissenschaftlerin Katja Mellmann und voraussichtlich dem Satiriker und "Die Partei"-Europa-Parlamentarier Martin Sonneborn.

Die Lach- und Schießgesellschaft selber ist noch eine Baustelle

Erst ein Anfang soll das sein. Im Jahr darauf wollen Jonas und seine Mitstreiter das Ganze noch breiter (zum Beispiel auch mit Musikern) und internationaler (etwa mit Vertretern von Charlie Hebdo oder Gästen aus dem angelsächsischen Raum) aufstellen. "Es geht nicht nur um Satire oder Kabarett. Es geht um Humor als seelische Grunddisposition für alle ästhetischen Ausdrucksformen", sagt Jonas. Mal sehen, ob dieser breite Ansatz ("es soll Spaß machen") auch beim breiten Publikum verfängt. Karten für die Tagung können ab sofort zum Vorverkaufspreis von 100 Euro bei der Lach- und Schießgesellschaft bestellt werden.

Bleibt anzumerken, dass es mit der Praxis in der Lach- und Schieß selbst leider noch eine Zeit lang hapern wird. Jonas und sein Mitgesellschafter und Geschäftsführer Stefan Hanitzsch versammelten die Gäste der Pressekonferenz immer noch in einer wilden Baustelle. Außer Streams mit wenigen geladenen Gästen war bisher nicht viel möglich, alle Termine sind bis zum 20. April abgesagt. Es wäre schön, wenn es auch in der bundesweit prominentesten Adresse für politisches Kabarett bald wieder Anschauungsmaterial für ein Humorsymposion zu sehen gäbe.

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