Kurzzeitmieter in München:Medizintouristen dürfen bleiben

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Schwarze Limousinen in der Einfahrt, Lärm und ständig neue Nachbarn: Eine Hausgemeinschaft in der Paul-Heyse-Straße wollte die Eskapaden von Kurzzeitmietern aus dem Nahen Osten nicht länger dulden und klagte - erfolglos.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Appartements in Eigentumswohnanlagen dürfen prinzipiell auch an wöchentlich oder gar täglich wechselnde Gäste vermietet werden. Das Amtsgericht München hat die Klage einer Hausgemeinschaft aus der Paul-Heyse-Straße abgewiesen, die einen arabischen "Medizintourismus" in ihrem Anwesen nicht länger dulden will. Die Hausbewohner empfinden die nach ihren Schilderungen oft sehr extrovertierten Lebensgewohnheiten dieser Kurzzeitmieter aus dem Nahen Osten als massive Beeinträchtigung. Ob diese Belästigungen aber schon das zumutbare Maß übersteigen, hat das Gericht nicht geprüft - das habe die klagende Gemeinschaft nicht ausdrücklich beantragt.

Die Betroffenen haben vor Gericht bemängelt, dass drei Appartements, die einem Münchner mit arabischen Wurzeln gehören, nach Art von Boardinghouses vermietet werden. Oft seien sie mit sieben bis acht Personen besetzt, wegen des ständigen Kommens und Gehens stünden die Wohnungstüren zumeist offen. Laute Musik schalle über die Terrassen, es werde stimmgewaltig telefoniert.

Kein Verstoß gegen Vorschriften

Hausflure seien oft durch Wagen vom Wäscheservice blockiert. Große schwarze Limousinen verstellten oft die Garageneinfahrt. In den ebenerdigen Vorgärten werde im Sommer genächtigt. Und für die Schläuche von provisorischen Klimaanlagen seien auch schon mal Mauern durchbrochen worden.

Untervermietung in München
:Lärm, Müll und ein Kampf der Kulturen

In einer Wohnanlage in einem ruhigen Hinterhof in der Paul-Heyse-Straße werden seit geraumer Zeit Unterkünfte an arabische Gäste untervermietet. Seither gibt es Konflikte mit den Nachbarn, die inzwischen Behörden, Polizei und Gerichte beschäftigen.

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Obwohl im Bahnhofsviertel, handle es sich doch um eine ruhige Wohnanlage mit Gärten und Balkons, konstatierte auch der Richter. Zu Beginn der Verfahrens stellte er auch noch fest, dass die Kurzzeitvermietung dieser Wohnungen aus Sicht der Zweckentfremdungsverordnung problematisch sei.

Mitpreise von 60 Euro pro Quadratmeter

Dieser Punkt fiel aber rasch unter den Tisch. Denn im laufenden Rechtsstreit hatte das Wohnungsamt der Stadt auf Antrag die Nutzungsänderung dieser Wohnungen in Boardinghouse-Einheiten baurechtlich genehmigt. Gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften wurde somit nicht verstoßen - der Streit drehte sich also nur noch um Wohnungseigentumsrecht.

In seinem Urteil verwies der Amtsrichter auf den Bundesgerichtshof. Der habe entschieden, dass auch die Vermietung an häufig wechselnde Feriengäste eine Wohnnutzung sei, und damit zulässig, solange in der Teilungserklärung nichts anderes bestimmt sei. Nach Meinung des Münchner Amtsrichters müsse das auch für sogenannte Medizintouristen gelten. Dass die Vermietung an diesen Personenkreis zu Preisen von 60 Euro pro Quadratmeter steuerrechtlich eine Gewerbetätigkeit darstelle, ändere nichts daran: Die umstrittenen drei Wohnungen "dienen den Gästen als Unterkunft und damit zu Wohnzwecken".

Als rechtlichen Haken zeigte er allerdings den Paragrafen 14 des Wohnungseigentumsgesetzes auf: Niemand darf die Miteigentümer über das "unvermeidliche Maß hinaus" belästigen. Der Richter sah sich rechtlich aber nicht dazu veranlasst, diesen Punkt durch eine Beweiserhebung zu prüfen - unverständlich für den Anwalt der Kläger. Er spricht von einer "unzulässigen Überraschungsentscheidung" und rät der Gemeinschaft, Berufung gegen das Urteil (Az.: 483 C 2720/14 WEG) einzulegen.

Verschleiß am Gemeinschaftseigentum

Auch Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzerverbandes , hält das Urteil für falsch. Alle zwei bis drei Wochen ein Mieterwechsel sei alleine schon vom Verschleiß am Gemeinschaftseigentum her den anderen Eigentümern nicht zuzumuten: "Das sieht man an den Wänden des Treppenhauses, in den Liften und an den Haustüren." Es sollte in jeder Teilungserklärung stehen, rät Stürzer, dass üblicherweise eine Wohnung im Lebensmittelpunkt ihrer Bewohner stehen müsse. Akzeptabel wäre seiner Meinung nach aber, wenn bei Appartements Mieter etwa zwei bis dreimal pro Jahr wechseln.

Aber auch wohnungspolitisch sei das Urteil problematisch, da hier ohnehin knapper Wohnraum an Leute vergeben werde, die eigentlich ins Hotel gehörten, sagt Stürzer. Er erinnert daran, dass ein anderer BGH-Senat Mietern ausdrücklich untersagt habe, ihre Wohnungen regelmäßig immer wieder an Touristen zu vermieten - das sei durchaus vergleichbar

© SZ vom 15.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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