Kurzkritik:Wirkungssicher

Das BR-Symphonieorchester unter Thomas Adès

Von Klaus Kalchschmid

Endlich einmal gleich mehrfach Musik von Leoš Janáček in einem Konzert: Zu Beginn "Des Spielmanns Kind", am Ende die in blendender Blechbläser-Ekstase endenden Sinfonietta. Während die "Ballade für Orchester" beredt von einem toten Spielmann erzählt, der in der Nacht sein Mädchen heimsucht und es geigend zu sich holt, ist die "Sinfonietta" strahlende Bejahung des Lebens. Im Herkulessaal spielte sie das Symphonieorchester des BR unter Thomas Adès leuchtend, aber mit Sinn für die Ecken und Kanten dieser Musik. Davor wurde ebenso exzellent Benjamin Brittens so kontrastreiche wie feine, in der Ökonomie der Mittel bestechend präzise "Suite on English Folk Tunes" aufgeführt. Sie enthält ebenso launige Teile, wie sie im letzten Satz tiefgründig "singt".

Vor der Pause gab es ein Solokonzert. Zwar sei dahingestellt, ob seit Prokofjew und Ravel kein so qualitätvolles Konzert für Klavier und Orchester komponiert wurde, wie das im März 2019 uraufgeführte, schon 40 mal gespielte Werk von Thomas Adès. So die Meinung von Widmungsträger Kirill Gerstein, der es jetzt unter Leitung des Komponisten brillant spielte und auf CD veröffentlichte. Immerhin haben Lachenmann, Ligeti oder Lutosławski auch spannende Klavierkonzerte komponiert! In jedem Fall sind die drei Sätze nicht nur für den Pianisten dankbar, weil handwerklich perfekt und enorm wirkungssicher komponiert. Aber macht sich Adès im ersten Satz über Leonard Bernstein lustig oder greift er in dessen tänzerische Trickkiste? Ist der stolze, auf Effekt schielende Schluss ein Seitenhieb auf Liszt oder spottet er über dessen Virtuosität? Und welche Funktion hat das "Andante gravemente"? Eines jedenfalls wird dieses selbstbewusste, jazzige "Concerto" nie sein: ein Abonnenten-Schreck.

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