Kurzkritik:Vibrierend lebendig

Joana Mallwitz dirigiert die Philharmoniker

Von Klaus Kalchschmid

Vor sechs Jahren musizierten die Münchner Philharmoniker Franz Schuberts späte Symphonie in C-Dur im Gasteig unter Zubin Mehta großartig - in ungewöhnlicher Orchesteraufstellung mit den acht Holzbläsern im Kreisrund um den Dirigenten! Auch jetzt gelang unter Joana Mallwitz in traditioneller Sitzordnung, aber bei den Streichern corona-bedingt etwas reduziert, eine wunderbare Aufführung. Im Frühjahr 1826 vollendet, ist Schuberts letzte auch die erste romantische Symphonie - und ein Geniestreich, der im orchestralen Oeuvre des Komponisten seinesgleichen sucht. Als einzige schätzte er sie und hegte eine "ganz besondere Vorliebe" für sie. Aber uraufgeführt wurde sie erst ein Jahrzehnt nach seinem Tod.

Im Gasteig vorausgegangen waren Peter Tschaikowskys Rokoko-Variationen mit Edgar Moreau als Solist am Cello, aber da hörten sich die Philharmoniker noch ein wenig indifferent an, wirkte auch Moreau trotz solider, reifer Leistung und einem schönen, sonoren Ton nicht wirklich frei. Doch dann Schubert: Schon der ungewöhnliche Beginn mit Solo-Horn beglückte. Was folgte, war nicht weniger bezaubernd, detailreich gestaltet und immer perfekt in dynamischer Ausformung und klanglicher Balance. Der als "Andante con moto" erstaunlich fließende langsame Satz kam nach dem berühmten dramatisch unaufgelösten Akkord mit nachfolgender Generalpause ungemein beklemmend zum Stillstand. Umso mehr berührte das tastende Wiedereinsetzen in den Celli. Enorm beeindruckend auch das berückend sich aussingende Scherzo-Trio, dem man mit Goethe zurufen mochte: "Verweile doch, Du bist so schön!"

Und dann das Finale! Nie hat Schubert ein Werk so vibrierend lebendig, diesseitsbejahend und doch in die Tiefe lotend beendet wie diese Symphonie. Immer wieder beruhigt sich das Geschehen, um nur desto mehr sich in eine Ekstase hineinzusteigern, die mit einem Triumph endet, der ein letztes Mal die drei, das ganze Werk dominierenden Posaunen mit den übrigen Bläsern vereint. Begeisterter Beifall!

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