Kurzkritik:Trost im Klang

Der Bach-Chor singt im Herkulessaal Trauermusik

Von Klaus Kalchschmid

"Live-Konzert-Neustart" leuchtet es auf dem Programmzettel und "Requiem". Das Alpha ist hoffentlich kein Omega: Denn 200 verteilte Besucher im Herkulessaal, dessen Parkett jetzt einen Mittelgang besitzt, 50 Mitglieder des Bach-Chors in weitem Abstand auf Bühne und den Emporen sowie solistisches Streichquartett im Halbrund um Dirigent Hansjörg Albrecht samt großer Orgel - das könnte bald schon wieder nicht mehr erlaubt sein. Doch der Flyer mit dem Hinweis auf den Weihnacht-Liederabend am Nikolausabend (17 und 20 Uhr) ist hoffentlich keine Makulatur. Umso mehr genoss man in einem nur knapp einstündigen, von keinerlei Applaus unterbrochenen Konzert vielfältigste Trauermusik aus vier Jahrhunderten: Henri Purcells kurze, aber gewichtige "Funeral Music for Queen Mary" aus dem Jahr 1695 - seinem eigenen Todesjahr; Johann Sebastian Bachs Choral "Komm süßer Tod, komm, sel'ge Ruh" in einer harmonisch wunderbar schwebenden Paraphrase von Knut Nystedt unter dem Titel "Immortal Bach", gerahmt vom Original; dann Gabriel Faurés feines, 40-minütiges Requiem von 1888, hier statt mit Orchester nur von fünf Streichern und Orgel begleitet.

Diese Totenmesse, komponiert im Angedenken der Eltern, streift den Text des "Dies irae, dies illa" ganz leicht, wie überhaupt die leisen, verhaltenen Töne und eine sanft tröstende Klangwelt dominieren. Das betont die klanglich reduzierte Fassung noch. Wie im Brahms-Requiem gibt es ein Sopran- und zwei Bariton-Soli, hier diffizil und mit zartem Ausdruck dargeboten von der luziden Sopranistin Katja Maderer und dem ebenfalls erst 21 Jahre alten Jonas Maximilian Müller. Dessen schöner Bariton weist schon jetzt eine wunderbare Fülle an Farben auf. Beide sangen die Chorstimmen mit: was für ein schönes Zeichen der Solidarität in diesen Zeiten!

Trotz großer Abstände bot der Münchener Bach-Chor ein ungemein homogenes Klangbild und die fünf Streicher des Bach-Orchesters eine wunderbare Essenz. Danke!

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