Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Steinig

Maximilian Hornung und Maya Wichert bei "Rising Stars"

Von Egbert Tholl

Das Ensemble Esperanza musste sein Kommen absagen, deswegen gab es keine Jimi-Hendrix- oder Rolling-Stones-Variationen, sondern Herbert Schuch. Nichts gegen Herbert Schuch, er ist ein sehr guter Pianist, aber Hendrix war der bessere Gitarrist. Nun also nichts mit "Purple Haze", dafür Beethovens Klaviersonate op. 13, die "Pathétique". Da muss man unweigerlich an Brechts "Lied von der Moldau" denken und an den Vers: "Am Grunde der Moldau wandern die Steine." Warum jetzt dies? Weil dieses Konzert im Innenhof des Innenministeriums stattfindet, der einst das Odeon war, nun aber aus sehr viel Stein besteht, so dass er zwar immer noch gut klänge, aber nicht, wenn nur drei, vier Dutzend eiserne Klassikfreunde herumsitzen, mehr sind selbst in einem Ministerium nicht erlaubt, und sich der Klang deswegen murmelnd im Vagen verliert, da kann Schuch noch so akkurat spielen.

"Stars und Rising Stars" heißt die schöne Konzertreihe, in der arrivierte Musiker Nachwuchshoffnungen aufs Podium holen, in diesem Fall baten Maximilian Hornung und Herbert Schuch die vierzehnjährige Geigerin Maya Wichert zu sich. Ursprünglich hätte das Konzert im Mai sein sollen, bei seiner Verschiebung hat leider niemand bedacht, dass man zwar im Innenhof eines Innenministeriums ist, aber längst nicht drinnen. Sprich: Es ist saukalt. Also eine Schnapsidee.

Die Künstler spielen dagegen an. Wichert kann schon viel, traut sich aber zu wenig. Dabei trägt Schuch sie bei Beethovens Violinsonate Nr. 2 op. 12 auf Händen, achtet sorgsam auf sie. Aber sie will nicht singen mit der Geige, gerade im zweiten Satz nicht, bleibt seltsam klassizistisch verhalten. Eingangs fordert Hornung sie in Johan Halvorsens Passacaglia, einer virtuosen Zugabennummer. Machtvoll drängt er sie in einen musikantischen Eskapismus hinein, den sie technisch vollkommen erfüllen kann, aber auch da ist sie zu zaghaft. Am Ende zeigen Hornung und Schuch, was ihr fehlt, und führen Griegs Cellosonate mit Leidenschaft vor.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2020
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