Kurzkritik:Lied vom Edelweiß

"The Sound of Music" - ein entstaubtes Vergnügen

Von Christiane Lutz

Zeit wurde es, dass "The Sound of Music" nach Deutschland kommt. In einer Form, die gut genug ist, jenes durchaus berechtigte Misstrauen gegenüber dem Stoff zu relativieren. Die Produktion des Salzburger Landestheaters, die am Sonntag im Prinzregententheater Premiere hatte, ist so eine, zum Glück. Unterhaltsam, berührend und auf der Kitsch-Skala im belebenden Bereich. 2011 inszenierten Andreas Gergen und Christian Struppeck das Musical, 50 Jahre nach der Alpenkitsch-Hollywood-Produktion mit Julie Andrews. Für die, die es immer noch nicht wissen: "Sound of Music" erzählt die Geschichte der Postulantin Maria, die in den 1930er Jahren dem verwitweten Kapitän von Trapp bei der Erziehung seiner sieben Kinder unterstützen soll. Mit ihrer Gitarre singt sich Maria nicht nur ins Herz der Kinder, sondern - Überraschung - auch in das des Kapitäns.

Natürlich ist die an Liebreiz und Reinheit nicht zu übertreffende Figur der Maria bisweilen schwer auszuhalten, immer noch. Wie sie den widerspenstigen Kindern mit einem Liedlein beizukommen versucht, sehnt man sich nach einem Schimpfwort aus ihrem Mund oder zumindest einmal fünf Minuten schlechte Laune. Aber nein, man hält sich konsequent an die Filmvorlage. Ein rosa Negligé zur Hochzeitsnacht, ist mit Abstand das Unzüchtigste, das Maria tut. Lässt man sich jedoch auf die Figuren ein und folgt einfach der Geschichte, verfällt man ihrem Zauber. Maßgeblich ist die hinreißende Milica Jovanovic als Maria dafür verantwortlich. Sie spielt glaubwürdig und gibt ihrem Spiel, wie auch der stimmgewaltige Uwe Kröger als Kapitän von Trapp, an einigen Stellen eine Prise Ironie. Das zeigt: Man feiert zwar die Legende, betet sie aber nicht an.

Dabei hilft auch der unzimperliche Umgang mit dem Thema Drittes Reich. Als die Trappfamilie bei den Salzburger Festspielen vor einem gigantischen Hakenkreuz singt, wird der Zuschauerraum des Prinzregententheaters zum Zuschauerraum Salzburg, die Türen bewacht von der Nazi-Polizei. Das ist wirklich beklemmend und historisch statt alpenromantisch. Am Ende flieht die Familie vor den Nazis über die Berge, und man wünscht ihr alles Glück der Welt, leise das Lied vom "Edelweiß" summend.

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