Kurzkritik: Kurzer Besuch

Die Berliner Philharmoniker unter Riccardo Muti

Nein, als geizig gelten wir Münchner gemeinhin nicht. Doch wenn die Berliner Philharmoniker schon einmal dem Gasteig die Ehre ihres zweifellos hohen Besuchs erweisen , darf man bei Spitzenpreisen von um die 200 Euro vielleicht doch etwas mehr erwarten als gerade mal 35 Minuten Musik im ersten Teil. Ferruccio Busonis Suite zur "Turandot" hätte ursprünglich auf dem Programm stehen sollen, uraufgeführt von den Berlinern im Jahr 1905. In Verbindung mit "Aus Italien" von Richard Strauss hätte das wahrscheinlich ein spannendes Programm ergeben. Doch statt auf Busoni setzte Dirigent Riccardo Muti schließlich doch auf Franz Schuberts "Ouvertüre im Italienischen Stil" D 591. Und auch in der Umsetzung wirkte das (in Berlin schon gespielte) Programm nicht gerade so, als habe man sich in den Proben überarbeitet.

Sicher: Mozarts Haffner-Sinfonie im ersten Teil gelingt delikat und durchsichtig. Man lehnt sich zurück und genießt, wie Muti die Tempogegensätze zu einer klassizistischen Mitte hin ausgleicht. Die Berliner folgen ihm auf jeden Fingerzeig, gestalten hier mal eine kleine Molltrübung, betonen dort mehr als gewohnt die Bässe.

Für "Aus Italien" greift man dagegen besser gleich auf die CD zurück, die Muti und die Berliner mit diesem Werk schon vor 25 Jahren auf den Markt gebracht haben. Da klingen sie nämlich deutlich durchsichtiger als nun im Gasteig, was vielleicht auch an Mutis deutlich breiteren Tempi liegt. Jedenfalls entwickeln sie keine Klangvorstellung für das selten gespielte Frühwerk. Im zähen Strom hört man kaum Soli, und es gerät spätestens bei Schlagzeugeinsätzen auch die Lautstärke aus den Fugen. Das Werk des 22-jährigen Strauss erscheint als das, was es ist: ein präpotenter, überinstrumentierter Schinken.

In einem Monat werden die Berliner ihren neuen Chefdirigenten wählen. Man kann nur hoffen, dass sie darauf mehr kreative Energie verwenden als sie für diesen Kurzbesuch im Gasteig aufzubringen gewollt waren.