Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:In der Kampfpause

Der Nahostkonflikt im Theater ... undsofort

Von Jennifer Georgi, München

In einer Ruine mitten im westjordanischen Sperrgebiet kommt es zu einer Begegnung der besonderen Art. Die israelische Soldatin Noya (Miriam Brenner) findet in den Trümmern eine gefallene Kameradin und trifft dabei auf den Palästinenser Kalil (Benjamin Hirt). Es kommt zu einer kämpferischen Auseinandersetzung, welcher allerdings durch das Versagen beider Waffen Einhalt geboten wird. Diese Begebenheit wird zum Zeichen deklariert und die Sturmgewehre niedergelegt.

Während die Nacht hereinbricht kommt das ungleiche Paar ins Gespräch. In der zunächst äußert zaghaft geführten Konversation nehmen beide Seiten stellvertretend für ihr Land den jeweils anderen Standpunkt hinsichtlich des politischen Konflikts ein. Noya und Kalil kämpfen mit Vorbehalten dem anderen und seinen Wurzeln gegenüber und geraten in ein immer hitziger werdendes "verbales Gefecht", das bis in die frühen Morgenstunden andauert. Doch scheint es auch zunächst, als könnten die Welten der beiden nicht verschiedener sein, setzt während Standpunkte, Einwände und Hintergründe immer wieder erörtert und ergründet werden eine unscheinbare Wandlung ein. Der Austausch nimmt zunehmend emotionale und persönliche, ja regelrecht intime Züge an, Mitgefühl und Verständnis keimen vorsichtig zwischen Ärger und Vorurteilen auf. Bis letztendlich auch die letzten Unaufrichtigkeiten beseitigt werden und ein nicht ungefährlicher Kompromiss beschlossen wird.

Heiko Dietz, Hausherr im Theater ... undsofort, stellt im von ihm geschriebenen Stück "PalestReal" zwei Individuen einander gegenüber, die hinsichtlich ihrer Religion, Tradition und politischen Einstellungen aus zwei völlig verschiedenen Welten stammen. Und doch bei aller Ungleichheit vieles teilen - Liebe zur Familie, Heimatverbundenheit, Ängste, Zweifel und allem voran, die Sehnsucht nach einem friedvollen Leben.

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Quelle:
SZ vom 16.06.2021
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