Kurzkritik:Der Kampf des Pianisten

Alexander Melnikov bremst Pablo Heras-Casado

Von Klaus P. Richter

Das Programm in der Gasteig-Philharmonie versprach post-pandemischen Optimismus. Eine Ouvertüre der französischen Komponistin Louise Farrenc aus der Klaviermania-Liga des 19. Jahrhunderts erfüllte schon am Anfang diese Erwartungen: zwischen aufbrausendem e-Moll-Pathos lockerte eine duftige Episodenseligkeit immer wieder auf. Genau diese Diktion kultivierte der Pianist Alexander Melnikov weiter in Mendelsohn Bartholdys zweitem Klavierkonzert. Bestens erfahren in der Kammermusik, beschwor er schon im ersten Satz mit sensiblem Ton nachdenklich-romantisches Schumann-Flair. Vor allem im lyrischen Adagio-Satz schien es sogar, als wolle er das Temperament des Maestros am Pult aus Granada, Pablo Heras-Casado, zu sanfterer Gangart zügeln: mehr Seelenton als Bravour.

Die kam dann im Presto scherzando des letzten Satzes mit den unentwegten Rondo-Spielereien und endlich im virtuosen Feuerwerk der Coda zu ihrem Recht. Ganz entfalten konnten sich der wirkungsbewusste Heras-Casado und die (auf 54 Musiker reduzierte) Klangopulenz der Münchner Philharmoniker in der zweiten Sinfonie von Beethoven. Nach der langsamen Einleitung und einigen d-Moll-Fortissimo-Drohungen entfalteten sie ihr lebensbejahendes D-Dur-Ambiente bewegt bis zum Dreiklang-Jubel am Schluss des ersten Satzes, in den blühende A-Dur-Wechselgesängen zwischen Violinen und Holzbläsern im zweiten und den Rauigkeiten im Scherzo.

Dort geriet der Streicherklang im Forte wie auch in den dramaturgisch von Heras-Casado klug gestalteten Tumulten des Finales indes öfter grell. Der lange Applaus der 400 Auserwählten schien nicht nur Begeisterung zu spiegeln, sondern auch tiefe Dankbarkeit für die wiedererwachende "Musikkultur".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: