Kurzkritik:Anfang vom Ernst

Bumillo zeigt seine Bühnenreife im Lustspielhaus

Von Thomas Becker

Zum Beispiel die Sache mit der Wurstsemmel. Da erzählt der Bumillo alias Christian Bumeder von einem Traum, damals in der zweiten Klasse: mit der Klassenschönsten ins Auto springen und einfach abhauen, den Kofferraum voller Wurstsemmeln. Je länger die Geschichte geht, desto klarer ist: Die Schöne und das Auto sind schon nett, aber wirklich wichtig sind ihm die belegten Semmeln. Und dann hebt er ab zu einem Pamphlet über nicht ganz aufgeschnittene Wurstsemmeln, die ein paar empörte Sätze später für die generell ungerechte Verteilung in unserer Gesellschaft stehen.

Abgesehen davon, dass man sich sofort mitten im Lustspielhaus genau so eine herrlich saftige Köstlichkeit schmieren will - allein diese Passage zeigt, was für eine Entwicklung dieser Bumillo genommen hat. Dieter Hildebrandts Satz "Wenn all die jungen Kabarettisten mal 40 werden, haben die auch was zu sagen", scheint sich zu bewahrheiten. Im kommenden Jahr feiert Bumillo diesen runden Geburtstag.

Mit dem Vorgänger-Programm "Die Rutsche rauf" hat sich der Chiemgauer vor zwei Jahren auf den Kleinkunstbühnen etabliert, mit "Es muss rauschen" macht er nun den nächsten Schritt: ein bisschen weiter weg vom fröhlichen Schoten-Erzähler, mehr hin zum nachdenklichen Beobachter, der es aber nicht beim Hinschauen belässt. "Heer mol hi, wos abgeht! Heer mol hi, wos fehlt!", heißt sein Einstiegssong, und es ist klar, dass eine ganze Menge fehlt. Es geht um Sexismus, überkommene Mann-Frau-Bilder und diskriminierenden Sprachgebrauch, um Mülltrennung, Vergewaltigung in der Ehe und das hochgradig soziale Zusammenleben der Kaiserpinguine. Und darum, im Kleinen das Überwölbende zu entdecken. Besonders gut gelingt ihm das in den Raps. Die sind vorbildlich dicht gewoben. Zwischendrin haut er Sätze raus, die das Dilemma des modernen Menschen auf den Punkt bringen: "Als der Mensch das Lagerfeuer erfunden hat, hätte er einfach mal sitzen bleiben sollen." Darauf eine Wurstsemmel!

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