Süddeutsche Zeitung

Kurzkritik:Alles Bach

Isabelle Faust mit der Akademie für Alte Musik Berlin

Von Harald Eggebrecht

- In vielem kann man Antonio Vivaldi als Erfinder des Solistenkonzerts bezeichnen in der bis heute vorbildhaften Satzabfolge von schnell-langsam- schnell. Auch Johann Sebastian Bach hielt sich daran, als er den italienischen Kollegen eifrig studierte. So schimmerte an diesem tollen Abend im Prinzregententheater mit der fabelhaften Geigerin Isabelle Faust und der Akademie für Alte Musik mit Konzertmeister Bernhard Forck stets die Wirkung Vivaldis auf Bach durch. Zwei Doppelkonzerte, das berühmte für zwei Violinen in d-Moll (mit Bernhard Forck) und das sehr melodiös ausgreifende für Oboe und Violine in c-Moll, und zwei aus überlieferten Cembalokonzerten rekonstruierte Soloviolinkonzerte in g-Moll und d-Moll bot das gefeierte Berliner Ensemble. Dazwischen fegte noch als Musik von einem sehr anderen Planeten die dramatisch empfindsame C-Dur-Sinfonie von Carl Philipp Emanuel Bach durch den Saal.

Die Soli prallten nicht nach dem Solistenprinzip späterer Zeiten "jetzt komm ich" virtuos heraus, sondern Isabelle Faust und ihre exzellente Oboenpartnerin Xenia Löffler lösten sich jeweils wunderbar organisch aus dem dichten Satzgeflecht und schlüpften genauso selbstverständlich wieder hinein. Besonders die langsamen Sätze wurden zu unendlichen Cantabile-Girlanden der sich abwechselnden Instrumente.

Das galt ebenso für das d-Moll-Doppelkonzert, auch wenn anfangs der Klang der historisch informiert gespielten Soloviolinen noch etwas belegt ausfiel. Doch mit dem Largo und dem überfallartigen Finale entfaltete sich der Abend zum vielfältigen Spiel zwischen rasant schnellen Sätzen und den ausgesungenen Largo- und Adagiosätzen. Die Originalviolinversionen sind nicht überliefert, daher mögen manche Arpeggien- und Doppelgriffpassagen im d-Moll-Konzert vielleicht doch zu "cembalistisch" nachempfunden sein. Doch wenn man sie so brillant und feurig ausphrasiert wie Isabelle Faust es mitreißend tat, dann bleibt nur vergnügter und begeisterter Beifall!

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Quelle:
SZ vom 02.03.2020
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