Jazz-Ausbildung:Improvisieren und wachsen

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Ehrengast beim "Kurt Maas Jazz Award": der brasilianische Sänger Ivan Lins. (Foto: Carlos Ramos)

Das Münchner Jazzinstitut feiert zehn Jahre "Kurt Maas Jazz Award" und neue Kooperationen.

Von Oliver Hochkeppel

So viele Absolventen des Jazzinstituts an der Münchner Hochschule für Musik und Theater bevölkern und dominieren inzwischen die heimische Szene - manche auch die nationale und internationale -, dass man gerne vergisst, wie jung diese Institution noch ist. Vor gerade einmal 15 Jahren ist sie entstanden, aus einer Übernahme der Jazzabteilung des Richard-Strauss-Konservatoriums. Dort hatte der Akkordeonist, Big-Band-Leiter, Pädagoge und Unternehmer Kurt Maas die akademische Ausbildung des Jazz in München 1991 begründet. Zuvor hatte es nur private Einrichtungen wie Joe Haiders "Jazz School" gegeben.

Dem 2011 verstorbenen Doyen der Jazz-Lehre hat das Jazzinstitut früh ein Denkmal gesetzt. Vor zehn Jahren lobte man erstmals den "Kurt Maas Jazz Award" aus, ein alle zwei Jahre stattfindender interner Wettbewerb, "bei dem sich die Studierenden hinterfragen können", wie es die neue Hochschul-Präsidentin Lydia Grün formuliert. Stifter ist Camilo Dornier, Pianist, ehemaliger Student von Kurt Maas und Berklee-Absolvent, den es zwar doch ins Familienunternehmen statt in den Musikerberuf zog, der aber seiner Leidenschaft für den Jazz immer treu blieb: "Die Idee zu dem Preis entstand auf Maas' Beerdigung. Es ist mir eine Herzensangelegenheit."

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Dornier war denn auch der impulsivste Redner beim Presse-Empfang, den das Jazzinstitut unlängst aus Anlass der beiden Jubiläen gab. Er, Hochschulpräsidentin Grün, Institutsleiter Claus Reichstaller und der soeben mit einer Teilzeitstelle für Internationalisierung ausgestattete Bassist Martin Zenker boten einen Rück- und Ausblick. Ist doch vieles im Wandel, nicht nur in der Ausbildung selbst, die sich mit einer radikalen Umdeutung und stilistischen Erweiterung des Jazzbegriffs wie mit einer starken Internationalisierung beschäftigen muss.

Anderes ist buchstäblich in Bewegung. Muss man sich doch gerade am neuen Standort einrichten, im Haus G des Gasteigs HP8, in das man nach der Schließung des alten Gasteigs gezogen ist. Für die 30 Lehrenden und mehr als 80 Studierenden "gibt es hier weniger, aber dafür größere Räume", wie Reichstaller konstatiert. Ein größeres Problem sei, dass für das Konzertprogramm des Instituts statt bisher vier nur noch zwei Säle zur Verfügung stehen, die riesige Isarphilharmonie und der Saal X, "in dem es nicht einmal eine Garderobe und einen Instrumentenraum gibt".

Seit 2013 schickt man Gaststudenten nach Boston

Auch damit wird diese Schule des Improvisierens zurechtkommen. Und wachsen, wie bisher noch immer. Dazu suchte man von Anfang an den internationalen Austausch. Was für den Berklee-Absolventen Reichstaller naheliegenderweise zuerst eine Kooperation mit der weltgrößten Kaderschmiede des Jazz in Boston bedeutete. Seit 2013 schickt man Gaststudenten in die USA, und im Gegenzug gaben Berühmtheiten wie Abraham Laboriel, Patti Austin oder Tia Fuller in München Workshops.

Fruchtbarer als wohl je erhofft entwickelte sich die 2018 offiziell ausgebaute Hochschulpartnerschaft mit dem Mongolian State Conservatory in Ulan Bator. Einiges erhofft man sich auch noch von der im Jahr darauf folgenden Zusammenarbeit mit der Jerusalem Academy of Music. Und jetzt kommt Südamerika dazu. Nach langer Recherche und einer Besuchsfahrt starten demnächst Austauschprogramme mit der etwas exotischen, soziokulturell arbeitenden EMESP Tom Jobim Musikschule und der Faculdade de Musica Souza Lima, beide im brasilianischen São Paulo. Weitere Kooperationen und Projekte mit Südafrika und Australien sind in Planung.

All dies führt immer wieder zum "Kurt Maas Jazz Award" zurück: Schon seit der ersten Ausgabe darf der Gewinner des ersten Preises zur Summerschool am Berklee College of Musik fahren. Der Trompeter Matthias Lindermayr, Pianist Leo Betzl, Saxofonist Moritz Stahl sowie die Pianistinnen Svetlana Marinchenko und zuletzt Shuteen Erdenebaatar (auch sie ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit der Mongolei) kamen bislang in den Genuss dieser Ausbildungsreise. Sieht man auf ihre ausnahmslos glänzenden Karrieren, dürfte sie sicher nicht geschadet haben.

Und so darf man mit einigem Recht künftige Jazz-Gipfelstürmer in dem Fünfer-Feld vermuten, das nun am 8. Februar im Saal X des Gasteigs HP8 zum öffentlichen Finale des "Kurt Maas Jazz Awards" 2023 antritt. Der Saxofonist Tom Förster, die Trompeter Nico Weber und Lukas Tutert, der Schlagzeuger Minchan Kim sowie der Gitarrist Elias Prinz wettstreiten mit ihren Bands um den Berklee-Trip, einen Auftritt im Nightclub des Bayerischen Hofs (2. Preis) und die Teilnahme an einer individuellen Masterclass (3. Preis). Und heuer auch um die Teilnahme an einem besonderen Preisträgerkonzert: Am 12. Juli dürfen sich die drei Gewinner in der Isarphilharmonie präsentieren, zusammen mit einem legendären Ehrengast, dem Sänger und Schöpfer zahlloser Standards der Musica Populeira Brasiliana Ivan Lins. Sozusagen in der Rolle des Botschafters der neuen brasilianischen Partnerschaft.

Finale Kurt Maas Jazz Award 2023, Mi., 8. Feb., 13 Uhr, Saal X; Preisträgerkonzert, Mi., 12. Juli, 18 Uhr, Isarphilharmonie, Hans-Preißinger-Straße 8

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