Das sympathische Väterchen
Nach den Schlawinern von Ryanair abschließend zum freundlichen Münchner Original aus Russland. Es geht um Münchens "liebenswürdigsten Schwarzbau", wie ihn Oberbürgermeister Christian Ude einmal genannt hat. Dieser steht am Rudolf-Harbig-Weg südlich des Olympiaparks, ganz in der Nähe des Ortes, wo das Tollwood Sommerfestival stattfindet. Eigentlich sind es mehrere Schwarzbauten: u.a. ein kleines Haus und eine Kapelle.
Errichtet wurden sie von 1952 an von dem Russen Timofei Wassilijewitsch Prochorow, dem übernatürliche Kräfte nachgesagt werden. Aus Kriegsschutt und mit gefundenen Materialien ausgestattet, baute sich Väterchen Timofei, wie er von den Münchnern liebevoll genannt wird, sein eigenes kleines Reich: für sich und seine Lebensgefährtin Natascha. Alle Versuche der Stadt das Paar umzusiedeln scheiterten an heftigen Protesten der Münchner Bürger. Vielmehr wurde sogar das Olympiagelände für die Spiele 1972 ein wenig verlegt, sodass Timofei bleiben konnte. Das Paar heiratete noch im selben Jahr. Vier Jahre später starb Natascha.
Nach ihrem Tod lebte der alte Timofei noch Jahre auf seinem Anwesen und wurde seither "Olympia-Eremit" oder "Methusalem vom Oberwiesenfeld" genannt. Im Jahr 2004 verstarb Väterchen Timofei und liegt seither, wie seine Natascha, auf dem Münchner Westfriedhof begraben. Nach eigenen Angaben feierte Timofei kurz vor seinem Tod noch den 110. Geburtstag. Sollte dieses Alter der Wahrheit entsprechen, wäre Väterchen Timofei nicht nur aufgrund seiner ungewöhnlichen Wohnverhältnisse ein Unikat gewesen: Er wäre auch der älteste Münchner aller Zeiten.
Im Bild: Wohnaus von Väterchen Timofei südlich des Olympiaparks, Portraitbild
Einige kuriose Fakten sind dem Buch "Absolut München - Das München-Sammelsurium" entnommen, Hirschkäfer-Verlag, 16,90 Euro.