Kuriose Polizei-Fälle 2018:Zugfahrende Hunde, dämliche Diebe und gefährliche Früchtchen

Polizisten auf Streife

Die Beamten der Münchner Polizei und der Bundespolizei erleben bei ihren Einsätzen hin und wieder ganz schön merkwürdige Dinge.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Nicht immer haben es Polizei und Feuerwehr mit fiesen Verbrechern und verzweifelten Opfern zu tun. Ein Überblick über außergewöhnliche Einsätze in diesem Jahr.

Von Martin Bernstein

"Wie hält man das nur aus?", hat jüngst ein Kollege den Polizeireporter gefragt, ehrlich besorgt. "Jeden Tag immer nur so schlimme Sachen." Stimmt. Mehr als 100 000 Delikte registrierten die Beamten des Polizeipräsidiums München auch in diesem Jahr, die Zahl der Einsätze ist drei- bis viermal so hoch. Knapp 2000 Fälle haben es im zu Ende gehenden Jahr in den täglichen Pressebericht aus der Ettstraße geschafft. Ganz München, so scheint es, ist von Verbrechern durchsetzt.

Ganz München? Nein. Denn erstens hören Polizeipräsident Hubertus Andrä und sein Sprecher Marcus Da Gloria Martins nicht auf zu betonen, dass München die sicherste Millionenstadt Deutschlands ist (heuer voraussichtlich zum 43. Mal in Folge). Und zweitens gibt es zwischen all den schlimmen Fällen auch jene Einsätze von Landes- und Bundespolizei, von Feuerwehr und Zoll, die - wenn auch vielleicht nicht in jedem Fall für die eingesetzten Beamten - sogar Anlass zum Schmunzeln sein können. Oder zumindest zum Kopfschütteln.

Versteckte Kameras

Statt mit einer Taschenlampe leuchtete ein Einbrecher im Januar das von ihm durchsuchte Lokal an der Jahnstraße mit seinem Handy aus. Dabei hatte er jedoch gleich dreifach Pech. Erstens hatte die Gaststätte eine Überwachungskamera. Zweitens war auf deren Bildern gestochen scharf das Handy-Display des Einbrechers zu sehen - und darauf ein Hintergrundbild des Mannes mit seiner Freundin. Und drittens erkannten Polizisten ihren Pappenheimer wieder: Der 35-Jährige war nämlich erst im Jahr zuvor in vier Stände auf dem Viktualienmarkt eingebrochen. Bei seiner Festnahme hatte er das Corpus delicti, sein Mobiltelefon, dabei. Noch immer mit dem Liebes-Selfie als Hintergrundbild.

Die Herrn der Ringe

Manche sehen das unheimliche Wirken außerirdischer Intelligenz in kreisförmigen Gebilden in niederbayerischen Kornfeldern - andere am Himmel über München. So geschehen Ende Januar. Große Aufregung: Invasion von der Wega? Von wegen. Zur Enttäuschung einschlägig vorbelasteter Verschwörungstheoretiker handelte es sich bei den Himmelskringeln auch nicht um bewusstseinsverändernde Chemtrails. Was aussah wie ein olympischer Gruß über der einstigen Olympiastadt München waren laut Flugsicherung Kondensstreifen auf Grund von militärischem Flugbetrieb: "Westlich von München befindet sich ein entsprechendes militärisches Übungsgebiet, welches heute Vormittag aktiv war."

"Ich will da rein"

Dass Rütteln an Gitterstäben durchaus zum Erfolg führen kann, weiß man seit Gerhard Schröders Weg ins Kanzleramt. Ähnliches dachte sich wohl ein Tourist aus USA. Frühmorgens um fünf wollte er in eine Disco - zumindest in ein Gebäude, in dem er eine solche wähnte. Also drehte und wand sich der Mann und zwängte sich durch ein Eisengitter an der Goethestraße. Dass das eigentlich nicht nötig gewesen wäre, weil das Tor schon offen war und dahinter gar keine Vergnügungsstätte, leuchtete dem erheblich betrunkenen Nachtschwärmer nicht ein. Dann blieb der 22-Jährige mit der Hüfte stecken. Vorwärts ging nichts mehr, zurück auch nicht. Anwohner alarmierten die Polizei, die beorderte ein Fahrzeug der Feuerwehr zur Unterstützung an den Einsatzort. Weil der Pechvogel schon sehr stark unterkühlt war, bogen die Rettungskräfte die Gitterstäbe gewaltsam auf. Und fragten anschließend in ihrem Bericht: "Wieso einfach, wenn es auch kompliziert geht?"

Tom und Jerry in Giesing

Tom hieß "Pearli" und die Maus war über alle Berge. Aber sonst war es wie im Zeichentrickfilm: Die Katze zieht den Kürzeren. Pearli jedenfalls steckte am Ende in einem Abwasserrohr fest. Und es war den Künsten der Münchner Berufsfeuerwehr zu verdanken, dass die sechsjährige Katze nach mehr als fünf Stunden jämmerlichen Maunzens dort wieder herauskam. Die Besatzung eines Hilfeleistungslöschfahrzeugs legte zuerst das in rund 30 Zentimeter Tiefe vergrabene, sechs Meter lange Rohr frei. Mit einem Brecheisen schlugen die Feuerwehrleute vorsichtig zwei Öffnungen in das Rohr, vor und hinter der Katze. "Vielen Dank für die Blumen, vielen Dank, wie lieb von dir!", sang Udo Jürgens am Ende jeder Tom-und-Jerry-Folge. "Manchmal spielt das Leben mit dir gern Katz und Maus."

Und dann noch die verdächtigen Signale am Himmel

Kenai, allein im Zug

Einen herrenlosen Hund aus der S-Bahn gaben Reisende Anfang März am DB-Infopoint ab. Katrin Scheller, Diensthundeführerin der Bundespolizei, fand dank Halsbandinfo schnell den Besitzer, einen Mann aus Furth, Gemeinde Oberhaching. Der kannte das schon. Ja, Kenai fahre gerne S-Bahn. Unerklärlicherweise steigt er immer am Bahnsteig Richtung München ein. Vielleicht auch deswegen, mutmaßt der 41-jährige Besitzer, weil er Kenai bei einem seiner ersten Ausflüge an der Ochsenbraterei abholen musste. Bundespolizei-Diensthund "Keks" freute sich jedenfalls, dass er bis zu dessen Abholung zur Abwechslung einmal einen nicht dienstlichen Artgenossen kennenlernen durfte. Weitere großstadtaffine Tiere im Jahr 2017 waren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): ein Biber auf der Maximilianstraße, eine Königsnatter auf einem Gartenstuhl in Neuaubing, eine aus Australien mitgereiste Riesenkrabbenspinne in einem Rucksack am Flughafen.

Die Killer-Avocado

Fünfzig Zentimeter Telefonkabel haben im Juni einen Polizeieinsatz im Westend ausgelöst. Eine Fürstenfeldbruckerin hatte beim Einkaufen etwas entdeckt, was definitiv nicht ins gut sortierte Gemüseregal gehört: eine Avocado, aus der ein Kabel hing. Sie alarmierte die Polizei. Eine Streife inspizierte die verdächtige Beere aus der Familie der Lorbeergewächse und kam zu der vorläufigen Einschätzung, dass von der mutmaßlichen Guacamole-Bombe keine Gefahr ausging. Zur näheren Begutachtung wurde das Gemüse aber auf die Westend-Wache an der Beethovenstraße gebracht. Dort schnitten die Beamten die Avocado fein säuberlich auf und inspizierten noch einmal das Innenleben des Objekts. Doch auch dort fand sich nichts Verdächtiges - grünes Fruchtfleisch, dunkler, holziger Kern, aber keine "abnormalen Fremdkörper", wie es im Polizeibericht heißt. Wann und von wem das Kabel in die Avocado-Schale gesteckt worden war, blieb ungeklärt. Nicht jedoch das weitere Schicksal der Frucht: Sie endete nicht als Dip, sondern im Biomülleimer.

Kuriose Polizei-Fälle 2018: Mysteriöse Kreise am Firmament.

Mysteriöse Kreise am Firmament.

(Foto: Martin Hammer)

SOS in und über der Stadt

Eine aufmerksame Frau beobachtete im September aus einer Wohnung in ihrer Nachbarschaft ein beunruhigendes Morsesignal: dreimal kurz - dreimal lang - dreimal kurz. Die Frau konnte das Signal richtig deuten, es handelt sich um den internationalen Hilferuf. SOS! Geistesgegenwärtig alarmierte die Frau die Münchner Polizei. Streifenbeamte konnten die Sache schnell klären. Ein Junge spielte in aller Ruhe und ohne jeden Notfall mit seiner Taschenlampe und sendete die Signale unbeabsichtigt aus dem vierten Stock. Für die Frau gab es dennoch viel öffentliches Lob von der Polizei, weil sie "das SOS erkannt hat und dadurch richtig reagieren konnte".

Ein echter Notfall war dagegen eine Fahndung der Bundespolizei zur Wiesnzeit. "Ich wollte ihn ansprechen, wusste aber nicht, ob ich das überhaupt darf", wenn es um so etwas "Privates" gehe, schrieb eine junge Traunsteinerin den Beamten. Die Frau war "vom Lächeln" eines Bundespolizisten so angetan, dass sie am nächsten Morgen nach dem Unbekannten suchte. Sie habe mit dem Polizisten am Hauptbahnhof mehrfach Augenkontakt gehabt und er habe ihre Blicke lächelnd erwidert. Ihre E-Mail hatte sie an das Polizeipräsidium München geleitet und von der Inspektion 16 ging die Suchanfrage weiter zur Bundespolizei. Schon am frühen Nachmittag war der Herzensbrecher tatsächlich ermittelt. Es handelt sich um einen 23-jährigen Polizeimeister. Auch er, so stellte sich heraus, hatte weder die junge Frau noch den Blickkontakt vergessen. Ein anderer Notfall endete im Dezember eher traurig. Ein etwa 40 Jahre alter Mann hatte sich in einem Café nahe der Wasserburger Landstraße verdächtig gemacht. Mehre Tage lang saß er immer wieder da, schaute aufs Handy oder hinaus auf die Straße; dann wieder ging er nach draußen, telefonieren. Nach einigen Tagen wurde die Sache den Angestellten unheimlich. Sie riefen die Polizei. Die Beamten kamen und befragten den Mann. Was sie dabei erfuhren, hatte allerdings nicht das Zeug zu einem Kriminalfall. Ein Date hatte der Mann ausgemacht - und war immer wieder versetzt worden.

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