Kuriose Dinge über unsere Stadt:München skurril

Maßkrugsafes, U-Bahn-Schwammerl oder ein Höflichkeitswettbewerb unter Polizisten: Kuriose Dinge über München, die sie bestimmt noch nicht kannten.

Agnes Fazekas

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Maßkrugsafes, U-Bahn-Schwammerl oder ein Höflichkeitswettbewerb unter Polizisten: Kuriose Dinge über München, die sie bestimmt noch nicht kannten.

Partymeile um 1900

Die Kultfabrik am Ostbahnhof ist Münchens Treffpunkt für Vergnügungssüchtige und Feierwütige. Am hellichten Tag wirkt das Gelände zwischen Rosenheimer- und Friedensstraße allerdings wie ausgestorben.

Das war vor über hundert Jahren anders: Zur Jahrhundertwende veranstaltete der Rennverein Haidhausen ein Pferdeschlittenrennen auf den Maffei'schen Grundstücken. Während Schnee und Eis unter den Kufen stoben, jubelten Hunderte von Zuschauern den Schlittengespannen zu.

Besonders begeistert wurde das "Internationale Fahren" aufgenommen, das über vier Runden ging. Die Siegerehrung im Unionsbräu dürfte dann ähnlich abgelaufen sein wie die Nächte in der Kultfabrik - mit Bier bis zum Abwinken.

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Der Münchner und sein "Zamperl"

Lange Zeit galt der Dackel als Inbegriff bayerischer Gemütlichkeit.

Obwohl jüngere Münchner heute lieber mit Möpsen und Golden Retrievern durch den Englischen Garten flanieren, bleibt die Hundeliebe ungebrochen: Als 2004 eine neue Parkverordnung die Leinenpflicht verlangte, protestierten die Hundeliebhaber vehement - eine alte Tradition in München.

Schon 1928 veranstaltete die Süddeutsche Sonntagspost einen Demonstrationszug der Münchener Hundebesitzer mit ihren Tieren. Etwa 6000 Männer und Frauen nahmen -teilweise gleich mit mehreren Hunden - daran teil.

Gründe dafür gab es gleich mehrere: etwa die hohe Hundesteuer oder das Verbot der Mitnahme von Hunden in der Tram.

Foto: Robert Haas Text: Agnes Fazekas

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Zukunftsvisionen

Wir bleiben im Jahr 1928, doch von Gemütlichkeit hält der Münchner Astronom Max Valier vermutlich nicht besonders viel. Er erfindet den ersten pulvergetriebenen Raketenwagen der Welt: In nur acht Sekunden erreicht das futuristische Gefährt mit der zigarrenförmigen Karosse eine Geschwindigkeit von 100 Kilometern in der Stunde.

Aus dem Raketenwagen soll sich später das Überflugzeug und die Raumrakete entwickeln. Die Affinität zur Rakete lebt noch heute fort in München, wobei der Müncher Modellraketenverein...

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Vereinsmeierei

... nur ein Beispiel für das ausgeprägte Bedürfnis nach Geselligkeit ist. Neben den Klassikern Fußballverein oder Alpenverein schließen sich die Münchner gerne zu allerlei ausgefallenen Beschäftigungen zusammen:

Im "Praktischen Pistolenclub" wird gemeinsam gezielt und abgedrückt, die "Münchner Ganzsachensammlern" sitzen mit Lupen über den Wertstempeln von seltenen postalischen Formularen.

Im Verein für Laido zelebrieren Bayern die japanische Kunst, ein Schwert besonders elegant zu ziehen und auch die "Isardrachen" haben eine asiatische Tradition annektiert: das Drachenbootfahren.

Zur Wiesnzeit steht dann jedes Jahr der "Verein gegen betrügerisches Einschenken" im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und schließlich muss es bei all der Vereinsmeierei natürlich auch den "Letzten Verein gegen Vereins- und Gruppenbildung" geben.

Foto: Ulla Baumgart Text: Agnes Fazekas

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Schwammerl-Sammeln am Goetheplatz

U-Bahnfahrten können sehr lästig sein: übervolle Wagons, schlechte Luft und nicht zuletzt die spontanen Fahrplanänderungen. Aber auf die Idee im Untergrundmief Pilze zu züchten, muss auch ein kritischer Zeitgenosse erst einmal kommen.

1971 ging mit der Münchner U-Bahn das dritte U-Bahn-Netz Deutschlands in Betrieb, nach Berlin (1902) und Hamburg (1912). Geplant war die bayerische U-Bahn zwar schon 1905, galt damals aber als völlig überdimensioniert. Neue Pläne von 1928 wurden durch die Weltwirtschaftskrise vereitelt und schließlich setzte der zweite Weltkrieg dem begonnenen Bauvorhaben erneut ein Ende. Immerhin war damals der Tunnel der heutigen U6 zwischen Sendlinger Tor und Goetheplatz schon fertiggestellt.

Dann kam 1947 der findige Herr Steiner und pachtete die etwa 4000 Quadratmeter große Anlage: Er wollte in dem still liegenden Rohbau Champignons züchten. Es sei sogar beabsichtigt worden ein mikrobiologisches Institut einzurichten, um den Grundstoff für die Herstellung von Penicillin zu gewinnen, berichtet die Stadtchronik.

Oberbürgermeister Christian Ude verdanken wir eine weitere schöne U-Bahn-Utopie: die direkte Streckenerweiterung zum Gardasee...

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Das ist nicht mein Bier?

Von wegen. Der Bierpreis beschäftigt die Münchner Bürger schon seit Jahrhunderten.

Auch wenn sich das heute kein Bayer mehr vorstellen mag: Im 15. und 16. Jahrhundert wurde das meiste Bier noch aus Norddeutschland importiert. Der bayerische Hof bezog es vor allem aus Einbeck bei Hannover - aufgrund der schwierigen Transportbedingungen ein wirklich teuerer Luxus.

Sechs Kreuzer mehr für ein Salvatorbier: Diese Preiserhöhung hat 1844 sogar zu einer Revolte geführt. Gerade erst war nämlich schon der Brotpreis heraufgesetzt worden. Das wurde den Münchnern zuviel: Brauereien wurden gestürmt und demoliert und die Bürger erstritten sich ihre zwei Grundnahrungsmittel zu bezahlbaren Preisen.

Eine Innovation boten die Bierzelte auf dem Oktoberfest von 1927. Erstmals wurde auch an die Analkoholiker gedacht - mit einem Milchausschank. Bewährt hat sich der Bierersatz wohl nicht. Schließlich war der Preis für die Maß damals auch noch recht übersichtlich mit einer Mark pro Krug.

Entsetzen verbreitete sich 1956 unter den Oktoberfestgängern über die drastische Preiserhöhung von 1,70 auf ganze zwei Mark. Erneut kam es zu einem Wiesnbierkrieg, bis Stadt und Brauereien sich entgegenkamen und den alten Preis beibehielten - erst einmal. Frostig war das Klima schließlich schon im Februar des Jahres...

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Der kälteste Punkt Europas

...von einer Klimaerwärmung konnten die Münchner im Rekordwinter 1956 nur träumen.

Am 11. Februar registrierte das Wetteramt in der Innenstadt 25 Grad unter Null. Mit Sicherheit aber gab es Frostschäden im botanischen Garten. Eine Nacht lang war der Stadtteil Nymphenburg der kälteste Punkt Europas: mit Minus 29 Grad.

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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München leuchtet

Albert Einstein wuchs wahrscheinlich von 1880 bis 1896 in München auf, erstaunte zunächst aber keineswegs als Wunderkind: Er lernte erst mit drei Jahren sprechen.

Als er sich später in den naturwissenschaftlichen Fächen hervortat, jobbte er nebenbei auch für seinen Vater. Der gründete mit Alberts Onkel die "Elektrotechnische Fabrik J. Einstein & Cie".

Diese Firma war schließlich - mit Albert Einsteins Hilfe als Elektriker - auch für das erste elektrische Licht auf dem Münchner Oktoberfest verantwortlich und verkabelte Teile des Münchner Stadtteils Schwabing.

Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Warum in die Ferne schweifen...

Wer einen Münchner nach den Vorzügen seiner Stadt fragt, wird ihn bald von nahen Ausflügen zu Seen und Bergen schwärmen hören.

Hinfahren muss man trotzdem. Da bieten sich doch die innerstädtischen Ziele an: Während sich die geografisch höchste Stelle - mit 597 Metern über dem Meeresspiegel - bei Kloster Warnberg im Stadtteil Solln befindet, ist der Olympiaberg als schönster Rodel- und Aussichtshügel bekannt.

Der größte und sauberste Badesee ist tatsächlich die Ruderregattastrecke mit 31,2 Hektar Fläche - 19,3 Hektar davon liegen im Stadtgebiet.

Foto:dpa Text: Agnes Fazekas

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Artenvielfalt im Herzen der Stadt

Im Englischen Garten gibt es die Nackerten, den Monopteros, den Eisbach mit den Isarsurfern - und Weihnachten 2007 auch Biber.

Bis zu drei Bäume soll der Nager mit dem platten Schwanz in der Nacht gefällt haben und nicht wenige Spaziergänger dürften wohl ihren Augen nicht getraut haben, wenn sie den "Problembiber" auf dem nächtlichen Heimweg am Wegrand sitzen sahen.

Außerdem hält der Englische Garten dem Vergleich mit anderen Stadtparks nicht nur hinsichtlich der Artenvielfalt stand: Er ist größer als der Londoner Hyde Park und der New Yorker Central Park.

Badelustige, die sich gerne einmal wie der Biber durch den Eisbach treiben lassen, werden übrigens gebeten sich mit ihrer nassen Badehose in der Trambahn nicht hinzusetzen. So liest man es zumindestens auf alten Schildern in der Tram - ein seltenes Beispiel für lockere Gesetzesauslegung in der ordentlichen Landeshauptstadt. Denn eigentlich ist das Baden im Eisbach verboten.

Foto:dpa Text: Agnes Fazekas

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Cowboy oder Gentleman?

Neben den eben erwähnten Nagern stellt sich dem Spaziergänger auch hin und wieder eine andere Großstadt-Rarität in den Weg: Meist gutgelaunt plaudernd versprühen die berittenen Polizistenpaare im Englischen Garten weniger Autorität als lässigen Cowboy-Charme.

Im Bild: Die Münchner Polizisten sind tierfreundlich. Im Bild ein Nachwuchs-Polizeihund mit Herrchen.

Foto: Rumpf

Nicht immer aber waren die Repräsentanten der Staatsgewalt den Bürgern freundlich genug. 1946 wurde deshalb ein Höflichkeitswettbewerb für Polizisten ausgeschrieben. Jeder Schutzpolizist erhielt eine Nummer und die Bevölkerung wurde aufgefordert besonders höfliche Beamte zu melden.

"Für jede Höflichkeitshandlung erhält der betreffende Schutzmann einen Pluspunkt. Bei 12 Pluspunkten gibt es einen zusätzlichen Urlaub", hält der Stadtchronist fest. Bei negativen Erfahrungen konnte man auch Minuspunkte vergeben. Das wäre auch für die heutige Zeit keine so schlechte Idee, oder?

Foto:ddp Text:Agnes Fazekas

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Freche Flüchtlinge

In München gibt es zwei Gefängnisse: Stadelheim für Menschen, die etwas verbrochen haben und Hellabrunn, für Tiere die gelegentlich einmal ausbrechen.

Besonders geschickt stellen sich hierbei die südamerikanischen Wasserschweine an. Während der 2005 ausgebüchste Riesennager recht schnell wieder eingefangen werden konnte, musste 1929 der Auer Mühlbach trockengelegt werden, um des 20 Kilogramm schweren Schweins wieder habhaft zu werden.

Foto:ddp Text: Agnes Fazekas

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Die liebe "Bagaasch"

Derbes Bayerisch und elegantes Französisch passen nicht zusammen? Wer so denkt, der kennt die Münchner nicht.

Die eigene Familie wird liebevoll als "Bagage" (französisch, heißt eigentlich Gepäck; kann auch abfällig für Pack/Gesindel verwendet werden) bezeichnet, wenn sonntags zusammen das "Böflamott" (Boeuf a la mode = Rinderschmorbraten) eingenommen wird. Und falls es doch einmal regnet, wird ein hübscher "Paraplü" (Parapluie = Regenschirm) aufgespannt und der "Paletott" (Paletot = Mantel)übergeworfen, bevor sich der Altmüncher auf das Trottoir (Bürgersteig) wagt.

Kosmopoliten waren die Münchner nämlich schon zu Zeiten Napoleons:1799 soll Kurfürst Maximilian IV. Joseph von Bayern in seiner ersten Audienz dem französischen Gesandten versichert haben: "Ihr Land besitzt keinen treueren Freund als mich. Ich bin in Frankreich erzogen und bitte Sie, mich für einen Franzosen zu halten."

Weitere "Französismen" im Bairischen sind etwa:

Schäsn (oft: oide Schäsn): kommt von "Chaise" (Kutsche) zur Bezeichnung einer alten Schachtel

kommod: bequem, von "commode"

marod: miserabel, von "maraude"

malad: krank, von "malade"

pressieren: in Eile sein, von "presser"

Foto: ap Text: Agnes Fazekas

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Die "heiligen" Hallen

Nicht nur das Biertrinken beschäftigt den Münchner. Wichtig ist der hiesigen Bussi-Gesellschaft natürlich vor allem das Wie, Wo und mit Wem.

Das Hofbräuhaus wird zwar inzwischen eher zur Touristenfalle als zu den Münchner Kult-Schwemmen gezählt, dennoch gilt es immer noch als zünftige Stammtisch-Stätte.

Sogar die Stadelheimer Gefängnisaufseher trafen sich hier regelmäßig, wie ein düster anmutendes Schild verkündet. Auch wenn das Maßkrug-Klauen wahrscheinlich nur wortwörtlich zu den "schwer wiegenden " Delikten zählt, mussten sich Stammgäste des Hofbräuhauses immer mal wieder ärgern, dass der persönliche, mitunter wertvolle Bierkrug, plötzlich verschwunden war.

Eine weltweite Innovation hat sich das Hofbräuhaus einfallen lassen: 1970 installierte der damalige HB-Wirt ein Stahlgerüst, um die Aufbewahrung von 424 Maßkrügen in verschließbaren Einzelboxen zu ermöglichen.

Da der Platz im Gerüst für die Krüge der vielen Stammgäste trotzdem knapp wurde, überholte der eigene Safe den schmucken Krug bald als Statussymbol.

Aber trinkt der echte Münchner sein Bier tatsächlich wie Wasser? Und was hat...

Foto: Andreas Heddergott Text: Agnes Fazekas

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...Münchens unterirdischer See...

...damit zu tun?

Eigentlich haben erst die Neuzeit-Münchner der Maß zur Weltberühmtheit verholfen. Bierbrauen hat zwar seit dem 14. Jahrhundert eine lange Tradition, die bayerische Landeshauptstadt wurde für ihr Bier aber erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt - und daran trug hauptsächlich die gute Münchner Trinkwasserqualität Schuld.

Noch nutzen die Münchner und ihre Bierbrauer aber gerade einmal die obersten 250 Meter der Grundwasserkörpers unter der Stadt. Dieser reicht weit über die Grenzen Münchens hinaus und bis in Tiefen von 2000 Metern hinab. Dieses Vorkommen stellt die letzte gesicherte Trinkwasserreserve im Münchner Stadtgebiet dar, die auch zu einer Notwasserversorgung der Bevölkerung herangezogen werden könnte.

Viele Brauereien gewinnen noch heute ihr eigenes Grundwasser für die Herstellung ihrer Biere. Wasserrohre führen etwa 180 Meter unter die Anlagen durch die vielschichtige Münchner Schotterebene direkt zum Brauwasser. Dieses ist hier sicher aufghehoben: vor Spritzmittelresten, Düngemitteln und Schwermetallen. Dabei handelt es sich nicht um normales Grundwasser, sondern um Wasser, das im Voralpenland zurückblieb, als die Gletscher noch bis nördlich von München reichten. Das Bierwasser durchtränkt also schon seit vor der Steinzeit unseren Boden und schmeckt trotzdem frisch konserviert.

Foto: ap Text: Agnes Fazekas

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Frostige Stimmung

Eigentlich herrscht eine hitzige Atmosphäre in München, wenn die Lokalmatadoren des bayerischen Fußballs aufeinander treffen und es wieder heißt: FC Bayern München gegen TSV 1860 München.

Das kürzeste Lokalderby wurde allerdings schon nach acht Minuten abgebrochen: Doch nicht etwa, weil die verfeindeten Mannschaften nicht an sich halten konnten: Im Winter 1928 waren die Platzverhältnisse im Grünwalder Stadion einfach zu schlecht.

Eine Schneedecke und die Eisfläche auf dem Rasen zwangen die Veranstalter die offizielle Begegnung abzubrechen und stattdessen "privat" weiterspielen zu lassen.

Da die Kassen bereits geleert waren, bekam das erboste Publikum sein Eintrittsgeld nicht erstattet und stürmte daher das Spielfeld. Heute verkündet das Stadion in der Allianzarena schon von weitem die Begegnung von Roten und Blauen.

Foto. ddp Text: Agnes Fazekas

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