Kunstprojekt "A Space Called Public":"Alles was er machen wollte, war zu onanieren"

Winzige Luxuswohnungen, Denkmäler für Affen und eine umgekippte Buddha-Statue: Ein skandinavisches Künstler-Duo verblüfft mit der Aktion "A Space Called Public" die Münchner - eckt aber auch an.

Von Benedikt Laubert

9 Bilder

A Space Called Public - 4thPlinthMunich

Quelle: Hannes Magerstaedt; Hannes Magerstaedt

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Am 29. Januar ging es los. Den Anfang machte die "4th Plinth Munich" von Stephen Hall & Li Li Ren auf dem Wittelsbacherplatz. Sie ist eine Anlehnung an die "Vierte Plinthe" auf dem Trafalgar Square in London, die heute der Sockel für wechselnde Kunstwerke ist, weil man sich nicht einigen konnte, was für ein Denkmal auf ihr errichtet werden soll. Am zwölften März entschied eine Jury, was auf der "4th Plinth Munich" ausgestellt wird.

A Space Called Public - Stephen Hall und LiLi Ren

Quelle: Kulturreferat München

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Die Wahl fiel auf den Entwurf "Schöner Wohnen" des Münchner Künstlers Alexander Laner. Der baute sein Kunstwerk aber nur teilweise auf die Plinthe (dort befindet sich jetzt eine Dachterrasse mit Geländer) - den größten Teil baute er in den Sockel selbst: Ein voll möbliertes Luxus-Apartment. Und wie es sich gehört bei solch feinen Immobilien, gibt es auch einen Rasen und einen Zaun drum herum. Trotz allem Luxus: Der Raum in der Plinthe ist winzig klein und erinnert an die prekäre Wohnsituation in München.

Der Künstler treibt das Klischee "Wohnungsnot in München" auf die Spitze und vergibt die Wohnung für je 24 Stunden. Im Angebot auf www.immowelt.de preist er die Immobilie als "luxussaniertes Baudenkmal in Top-Lage mit Dachterrasse" an.

Auf dem Bild sind Stephen Hall und LiLi Ren zu sehen, die die Vierte Plinthe für München entworfen haben.

"Gedenkstätte" für Michael Jacksons Affe "Bubbles" in München, 2013

Quelle: Catherina Hess

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Seit Mitte April gibt es ein Denkmal für einen Affen auf dem Promenadeplatz. Genauer gesagt: für Bubbles, den Affen, der einmal Michael Jackson gehörte.

Das Kunstwerk des Briten David Shrigley befindet sich unmittelbar neben einem improvisierten Jackson-Denkmal, das Fans nach dessen Tod am Fuße einer Statue errichtet hatten - und die beiden Denkmäler gleichen sich deutlich in ihrer Machart. Das stört einen Münchner Jackson-Fanclub, denn viele Passanten erkennen das Kunstwerk nicht als solches und glauben, Jackson-Fans würden einem Affen huldigen, so die Befürchtung.

Der Künstler will eine Diskussion darüber entfachen, wer wo Statuen errichten darf. Dabei sind ihm alle Mittel recht, er sagt: "Kunst darf so provokativ sein, wie sie möchte". Shrigley ruft alle Bürger dazu auf, das Denkmal für den Affen um eigene Bilder und Blumen zu erweitern.

Eine liegende Buddhastatue auf dem Viktualienmarkt.

Quelle: dpa

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Auch eine umgekippte Buddha-Statue, die seit Anfang Mai auf dem Viktualienmarkt liegt, sorgte schon für Wirbel. Einige Buddhisten, wie etwa die Nonne Tenzin Wangmo, fühlen sich in ihrer religiösen Ehre getroffen und sorgen sich besonders um buddhistische Gäste in München, die daran Anstoß nehmen könnten.

Auf der Unterseite der Statue ist "Made in Dresden" zu lesen. Tatsächlich werden viele "asiatische" Souvenirartikel, die man hierzulande kaufen kann, in Dresden hergestellt - so funktioniert Globalisierung, will der malaysisch-britische Künstler Han Chong zeigen. Er kritisiert, wie stark die Lokalkultur das Münchner Stadtbild dominiert. Sie täusche vor, München sei nicht Teil einer globalisierten Welt.

Ragnar Kjartansson_Foto; A Space Calle Public - Ragnar Kjartansson

Quelle: Leonie Felle; Leonie Felle

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Die weiße Marmorskulptur des Künstlers Ragnar Kjartansson gleicht auf den ersten Blick einem typischen Denkmal. Wer aber genauer hinsieht, kann darauf lesen: "Alles was er machen wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen".

Alle Erwartungen werden hier auf den Kopf gestellt: Das Denkmal erinnert an keinen mächtigen Politiker, an keinen Helden und schon gar nicht an große Momente der Zeitgeschichte. Der isländische Künstler will mit seiner Skulptur "Träumerei - Ein Denkmal" zur Diskussion stellen, wofür Denkmäler überhaupt errichtet werden und welche Momente wir unseren Nachkommen als Erinnerung in Stein meißeln. Die Statue steht seit Ende Mai auf dem Gärtnerplatz.

Tatjana Trouve; A Space Called Public - Tatjana Trouve Matratze

Quelle: Leonie Felle; Leonie Felle

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Täuschend echt wirkt die bronzene Matratze, die die französische Künstlerin Tatiana Trouvé auf einer niedrigen Betonwand in der Stephanstraße vor der Kirche installiert hat. "Balance und Gewichtung" sind die Themen, die sie mit dem Werk behandeln will - der Bezug zum Thema öffentlicher Raum erschließt sich nicht jedem.

Martin Kippenberger; A Space Called Public - Kippenberger

Quelle: Leonie Felle; Leonie Felle

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Der deutsche Künstler Martin Kippenberger starb schon 1997, aber seine "unsinnigen Bauvorhaben" sind zur Legende geworden. Am Marienhof ist seit Ende Mai sein "METRO-Net Transportable Subway Entrance" zu sehen. Ein Ort, an dem sich eigentlich Tausende täglich treffen - herausgerissen aus seinem Umfeld und nicht benutzbar.

A Space Called Public - Pay Nothing Until April

Quelle: Leonie Felle; Leonie Felle

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"Pay Nothing Until April" - "zahle nichts bis April", fordert ein meterhohes Plakat die Passanten am Lenbachplatz auf. Der US-Amerikaner Ed Ruscha hat es erstellt und will damit nach eigenen Angaben keine logische Botschaft vermitteln. Das Plakat erinnert an überdimensionale Werbebotschaften, wie sie in großen Städten zu finden sind und dürfte den einen oder anderen Passanten etwas verwirren.

A Space Called Public - Zeitkapsel

Quelle: Leonie Felle; Leonie Felle

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Wie soll München in 100 Jahren aussehen? Beim Projekt "Münchner Zeitkapsel 2013-2113" können Bürger ihre Wünsche für die Stadt abgeben oder einfach aufschreiben, wie sie sich in München fühlen - persönlich bei den Künstlern Iván Argote und Pauline Bastard oder im Internet unter www.muenchnerzeitkapsel.de. Die Wünsche werden von den Künstlern in dem Stein eingeschlossen und in 100 Jahren ausgestellt.

Die Künstler sind mit ihrer "Zeitkapsel" an folgenden Orten zu treffen: Ab 6. Juni in der Weinstraße, vom 14. bis zum 16. Juni an den Isarauen zwischen der Reichenbachbrücke und der Brudermühlbrücke, am 20. Juni in der Dülferstraße und am 27. Juni auf dem Willy-Brandt-Platz.

Im Laufe des Jahres kommen weitere Kunstwerke hinzu. Die Chemikerin und Künstlerin Sissel Tolaas stellt drei typisch Münchnerische Gerüche vor, Peter Weibel baut ein kompliziertes System aus Sensoren, Kameras und Videos aus dem Internet auf und viele weitere Künstler beschäftigen sich mit dem Thema Öffentlichkeit in München. Weitere Informationen gibt es unter www.aspacecalledpublic.de.

© Süddeutsche.de/segi
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