Kunsthandwerk in München:Bunte Fenster für Gott und die U-Bahn

Wenn in München Kirchenfenster leuchtend strahlen, dann steckt dahinter oft die Mayer'sche Hofkunstanstalt. Doch auch in den New Yorker U-Bahn-Anlagen finden sich die Schöpfungen der Kunsthandwerker vom Stiglmaierplatz.

Von Alfred Dürr

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Quelle: Catherina Hess

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Es ist das Licht, das diese Form der künstlerischen Darstellung erst voll zur Entfaltung bringt. Auf dem Grundstoff Glas kann man malen, Farben ineinanderfließen lassen oder viele andere kreative Bearbeitungsmethoden anwenden. So entstehen moderne oder klassisch geprägte Kirchenfenster, aber auch viele Kunstobjekte in Bürogebäuden, Privathäusern, in Verkehrsbauten oder kulturell genutzten Räumlichkeiten. Das Leuchten, die Transparenz, die Vielschichtigkeit der Darstellung auf Glas - davon schwärmt Michael Mayer. Mit einer Leinwand, mit Holz, Stein oder Stahl könne man solche Effekte nicht erzielen.

Michael Mayer, 47, steht in fünfter Generation an der Spitze der Mayer'schen Hofkunstanstalt in der Seidlstraße beim Stiglmaierplatz. In den Werkstätten des Gründerzeit-Komplexes mit dem vor ein paar Jahren entstandenen Anbau im rückwärtigen Bereich entstehen Glasmalereien und Mosaike, die in viele Orte auf dem Globus geliefert werden und öffentlich zugängliche Orte und Räume beleben.

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Quelle: Catherina Hess

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Bunte Glaskunst gerade in Kirchenbauten bewegt die Menschen auf ganz eigene Art. So kehrte in München in diesem Jahr ein Fensterfragment mit dem heiligen Markus in die katholische Mariahilfkirche in der Au zurück und erfreute die Gemeinde. Diese Teile des Fensters hatte die Mayer'sche Hofkunstanstalt aus den Trümmern der im Krieg zerstörten Kirche gerettet und lange Zeit eingelagert.

Besonders bemerkenswert sind auch die Neuanfertigungen von zwei Glasmalerei-Rosetten in der evangelischen St.-Lukas-Kirche. Die Fenster waren durch Bomben im Krieg beschädigt worden. Der Künstler Reiner John erarbeitete zusammen mit der Hofkunstanstalt einen zeitgemäß abstrahierenden Entwurf, der sich auf Unterlagen des englischen Glaskünstlers William Francis Dixon aus dem Jahr 1896 stützte. Das Thema des einen Fensters ist die Geburt. Passend dazu ist das Kunstobjekt zur aufgehenden Sonne hin ausgerichtet.

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Quelle: Catherina Hess

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Ebenfalls eine Besichtigung lohnt das katholische Kirchenzentrum St. Florian in Riem. Die Künstlerin Hella Santarossa gestaltete ein gläsernes Lichtwerk namens Resurrectio mit über 400 Lochbohrungen und Hunderten von Lichtstäben. Diesem Fenster gegenüber befinden sich 14 Kreuzweg-Scheiben, die der Maler Horst Thürheimer in abstrakter Form bearbeitet hat. Zusammen mit dem strahlend gelben Auferstehungsfenster und der beeindruckenden Kreuzweg-Gestaltung entsteht ein ungewöhnlicher Kontrast.

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Schließlich sei als weiteres sehenswertes Münchner Beispiel die Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen mit ihren auffälligen blauen Gläsern an den Fassaden erwähnt. Das Bauwerk ist eine Pilgerstätte für Architektur- und Kunstfreunde. Der britische Künstler Alexander Beleschenko schuf zusammen mit der Mayer'schen Werkstätte ein eigenes Alphabet aus Nägeln. Diese sollen an die Kreuzigung und die Wunden Christi erinnern. Mit diesen Nagelsymbolen "bedruckte" er die Scheiben . Und wer sich ganz intensiv mit dieser Kunst befasst, kann aus der Abfolge der Zeichen Texte der Johannespassion lesen.

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Quelle: Catherina Hess

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Die Kirche, sagt Michael Mayer, sei ein wichtiger Kulturträger. Die genannten Beispiele gelten für ihn als "mutige Statements". Hohe Qualität zu bieten und bleibende Werte zu schaffen, die sich in enger Zusammenarbeit von Künstlern, Architekten und Auftraggebern nicht am aktuellen Zeitgeist orientieren - das sind zentrale Ansprüche der Mayer'schen Hofkunstanstalt. Das heißt nicht, dass man altmodisch ist. In den Werkstätten kommt neueste Technik zum Einsatz, und hier arbeiten avantgardistische Künstler aus vielen Ländern.

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Die Geschichte der Hofkunstanstalt reicht bis ins Jahr 1847 zurück. Begonnen hatte sie mit der "Mayer'schen Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten", die der aus dem Allgäu stammende Akademiekünstler und Ornamentbildhauer Joseph Gabriel Mayer gründete. Er war Vorstand der staatlichen Erziehungsanstalt körperbehinderter Kinder. Aus diesen Anfängen entwickelte sich ein familiengeführtes Unternehmen, das vor allem in den USA und in Großbritannien einen guten Namen hat.

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Quelle: Catherina Hess

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Traditionelle Glasmalerei in Kirchen ist in Amerika besonders gefragt und findet dort auch Sponsoren. Aber man muss in den USA nicht nur Kirchen aufsuchen, um Werke aus der Seidlstraße zu sehen. Auch in den U-Bahn-Anlagen von New York oder Chicago befinden sich Werke von "Mayer of Munich", wie sich die Hofkunstanstalt im englischsprachigen Raum nennt.

Ganz gleich, ob traditionelle oder innovative Ansätze bei Glasbildern und Mosaiken: "Lichtornamente haben ihre spezielle Wirkung, und jeder reagiert darauf", sagt Michael Mayer. Das Leuchten an einem grauen Tag - es muss nicht immer nur von Weihnachtsdekorationen stammen.

© SZ vom 5.01.2014/mmo
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