Kunstareal:Einzigartiges Ensemble

Das Viertel rund um die Museen wächst zusammen - aber nur in kleinen Schritten.

Von Christoph Wiedemann

Mit Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums wird dem seit mehr als zehn Jahren mächtig anwachsenden Kunstquartier in der Münchner Maxvorstadt so etwas wie ein Schlussstein eingesetzt. 16 Museen, sechs Hochschulen, zwölf kulturelle Großeinrichtungen und etwa 40 Galerien befinden sich mittlerweile in einem Karree zwischen Königs- und Karolinenplatz im Süden, Ludwigstraße im Osten, Luisenstraße im Westen und der Kunstakademie im Norden, für das sich mittlerweile die eher funktional geprägte Bezeichnung "Kunstareal" eingebürgert hat.

Museen mit Weltgeltung sind hier versammelt. Angefangen bei den Pinakotheken, über das Museum Brandhorst, Glyptothek und Antikensammlung bis hin zum jüngst und als letztem eröffneten Baukomplex südlich der Alten Pinakothek, in dem die Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) und die Ägyptische Staatssammlung eingezogen sind. Und neben den vielen fast ausschließlich staatlichen Institutionen gibt es da freilich auch noch ein städtisches Juwel: die Galerie im Lenbachhaus mit der berühmten Expressionisten-Sammlung des "Blauen Reiter". Ein Quartier also, das weltweit einzigartig sein dürfte in der Fülle des Gebotenen; mindestens auf Augenhöhe mit der altgedienten Berliner Museumsinsel oder den Pariser Prachtmuseen rund um den Louvre.

Explosionsartiges Wachstum nach langem Stillstand

Aber anders als die zuletzt genannten konnte das "Kunstareal" nicht organisch wachsen. Im Gegenteil: Nach jahrzehntelangem Stillstand in der freistaatlichen Kulturbau-Politik - man erinnere sich nur an die quälend langen Diskussionen über den Neubau der Pinakothek der Moderne - gab es nach der Jahrtausendwende geradezu ein explosionsartiges Wachstum. Die Magnetwirkung der Pinakothek der Moderne auf Publikum und vor allem Sammler war eine so kaum vorauszusehende Entwicklung. Der rheinische Sammler Brandhorst trotzte den ansonsten der zeitgenössischen Kunst gegenüber so hartleibigen bayerischen Politikern gar einen eigenen neuen Museumsbau ab. Und so ging es weiter: Der damalige Kunstminister Hans Zehetmair und sein Kabinettskollege, Finanzminister Kurt Faltlhauser, ermöglichten den Neubau für HFF und Ägyptische Staatssammlung.

Wer hätte das gedacht? München, das noch in den Achtzigerjahren als Schlusslicht der Kunstszene verspottete Städtchen an der Isar, hat nicht nur den Anschluss geschafft, sondern ist heute auf einigen Sammlungsgebieten wie Design oder Grafik und Malerei international hoch angesehen.

Einen Schönheitsfehler hat das Ganze noch. Nur Eingeweihte finden in dem nach wie vor wenig als städtebauliches Ensemble kaum erkennbaren "Kunstareal" auch wirklich das, was sie suchen. Vor Jahren schon hat man das Grün rund um die Alte Pinakothek freigeschnitten, um wenigstens das Herz des Quartiers sichtbar zu machen. Kürzlich wurde endlich ein modernes Stelen-System als Orientierungshilfe präsentiert. Es geht also voran mit dem Zusammenwachsen des Kunstareals, wenn auch langsam.

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