Süddeutsche Zeitung

Kunst:Tanz den Widerstand

Das Haus der Kunst rückt mit "Sweat" die Außenseiter in den Mittelpunkt. Schweiß ist aber nicht nur ein Sinnbild der Ausbeutung.

Von Jürgen Moises

Im Schweiße seines Angesichts zu arbeiten, galt früher als Christenpflicht. Denn nur wer hart und fleißig schuftet, hat laut Luther sein täglich Brot verdient. Heute bringt das Schwitzen nur noch Spitzensportlern Geld ein, und sonst lässt man die Verlierer oder Außenseiter buckeln. Sie sind es, denen der schlechtbezahlte Schweiß am Körper klebt. In der Ausstellung "Sweat" im Haus der Kunst sind es tatsächlich auch die Ausgegrenzten oder Unterdrückten, die im Zentrum stehen. Wobei die Kuratoren Anna Schneider und Raphael Fonseca den Schweiß nicht nur als Sinnbild der Ausbeutung, sondern auch der Selbstermächtigung verstehen.

Mehr als 20 aktuelle und historische Positionen haben die beiden ausgewählt, die von Deutschland über Frankreich bis nach Angola oder die Philippinen reichen. Dazu gehört Daniel Lind-Ramos aus Puerto Rico, der seine Skulpturen aus Alltagsobjekten wie Stoffen oder Bauteilen zusammenfügt. Damit würdigt er das von vielen Einflüssen geprägte kulturell-spirituelle Erbe der afro-puerto-ricanischen Bevölkerung. Zadie Xa wuchs als Tochter einer südkoreanischen Einwanderin in Kanada auf. Basierend auf koreanischer Mythologie, persönlichen Erinnerungen und Popkultur erschafft sie Masken und Kostüme und setzt diese in Performances und Videos ein, in denen die Welt der Ozeane eine wichtige Rolle spielt.

Mit Mary Beth Edelson und Natalia LL sind Schlüsselfiguren der feministischen Kunst der Siebziger Jahre vertreten und mit MAHKU ein brasilianisches Künstlerkollektiv, das dem indigenen Volk der Huni Kuin angehört. Nahe am Zeitgeist bewegt sich Jacolby Satterwhite mit seinen musikunterlegten 3D-Animationen. Wie "We Are In Hell When We Hurt Each Other" (2020), in dem als Ausdruck der queeren, afroamerikanischen Selbstverteidigung schwarze, weibliche Roboter (Fembots) tanzen.

Sweat, Fr., 11. Juni bis 9. Jan. 2022, Haus der Kunst, Prinzregentenstr. 1, Telefon: 21 12 71 13

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Quelle:
SZ vom 10.06.2021
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