Süddeutsche Zeitung

Kunst:Leuchten im Runden

Im Siegestor hat der Berliner Konzeptkünstler Jan Kuck eine Lichtinstallation platziert. Sie soll ein Denkmal für verantwortliches Design sein und auf die bald beginnende Munich Creative Business Week hinweisen

Von Jürgen Moises

Ein Denkmal, das ist eine in Stein oder Metall verwandelte Aufforderung. Und es gibt - zumindest im deutschsprachigen Raum - wohl kaum einen vergleichbaren Fall, bei dem Name und Funktion auf ähnliche Weise zusammenfallen. Eines der bekanntesten Denkmäler in München ist das Siegestor. Es wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im Auftrag von Ludwig I. errichtet, als Symbol für den Sieg über Napoleon I.. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg bekam das Tor durch die Inschrift "Dem Sieg geweiht - Vom Krieg zerstört - Zum Frieden mahnend" eine neue, pazifistische Bedeutung. Und etwas Ähnliches ist nun auch am Dienstag in Form einer Lichtinstallation des Berliner Konzeptkünstlers Jan Kuck passiert.

"Design! Or No Sign?" heißt Kucks Arbeit, und genau diese an Shakespeares "Sein oder nicht Sein?" angelehnte Fragestellung ist in leuchtendem Neonblau bis zum 17. März im mittleren Torbogen zu lesen. Aber nur wenn man sich als Fußgänger, Rad- oder Autofahrer auf der Ludwigstraße oder eben auf dem Gehweg vom Odeonsplatz aus in Richtung Nordosten bewegt. Denn nähert man sich von der Münchner Freiheit her dem drei Mal drei Meter großer Schriftzug aus 14 mundgeblasenen Buchstaben, hat man ein spiegelverkehrtes blaues Kauderwelsch vor sich. Aber auch aus der richtigen Perspektive hat das Ganze etwas Unklares. Oder was soll "Design! Or No Sign?" bedeuten?

Nun, sieht man es ganz banal, dann ist es eine Werbung für die am 7. März startende Munich Creative Business Week (MCBW). Denn quasi als Teaser für das internationale Design-Event hat Kuck seine Installation im Auftrag von dessen Leiterin Sabine Unger geschaffen. Aber das ist zum Glück nicht alles. Ein "Denkmal" für die gesellschaftliche Verantwortung des Designs im Sinne des Theoretikers Friedrich von Borries soll "Design! Or No Sign?" ebenfalls sein. So hat es jedenfalls der Leiter des Staatlichen Textil- und Industriemuseums in Augsburg, Karl Borromäus Murr, bei der Vernissage am vom Feierabendverkehr umspülten Siegestor erklärt. Gemeint war damit die Aufforderung an Designer, nur Zeichen zu schaffen, die sich wirklich auf etwas beziehen und nicht nur die Dinge oberflächlich aufhübschen.

Das heißt: Nur ein verantwortungsvolles Design führt zu lesbaren, Sinn stiftenden Zeichen. Was für zufällig vorbeikommende Designer sicher nicht die schlechteste Botschaft ist. Das Gleiche gilt für die kommende MCBW, für die Kuck übrigens noch ein weiteres Lichtkunstwerk kreiert. "The Burning River: Isar von unten" heißt es und wird sich vom 7. bis 15. März neben der Praterinsel abspielen. Der 41-Jährige will die Isar dort mithilfe von Licht in einen "flammenden Fluss" verwandeln und auf die Ufermauer die persönlichen Wünsche von tausenden Münchnern und bekannten Persönlichkeiten "rund um die Isar, die Familie, die Natur, die Heimat" projizieren. Die dem zugrunde liegende Frage lautet: "Für was brennst Du, was ist Deine Leidenschaft?". Für die Antwort hat man 60 Zeichen. Wer mitmachen will, hat dazu über www.the-burning-river.com Gelegenheit.

Design! Or No Sign?, Lichtinstallation am Münchner Siegestor, bis 17. März

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SZ vom 20.02.2020
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