Herbstzeit ist Kunstmessen-Zeit. Doch seit einigen Jahren ist nichts mehr, wie es war. Konnten vor allem Auktionshäuser und die Globalplayer unter den Galeristen in der Pandemie mit der Verlagerung ins Online-Geschäft noch vieles wettmachen, so blieben die kleinen und mittelständischen Händler schon damals – gerade fünf Jahre ist das her – weit abgeschlagen zurück. Nur dank Corona-Hilfen konnten viele von ihnen überhaupt überleben.
Inzwischen haben Krieg und Krisen, Zölle und Zoff den Menschen gewaltig zugesetzt und die Kauflust der Kunstszene gehörig gedämpft. Das Umfeld für Kunsthändler wird immer schwieriger. Selbst auf dem zeitgenössischen Sektor ist das so.
Noch viel schlechter sieht es aber für Alte Kunst und Antiquitäten aus. Ob Malerei, Skulptur, Möbel, Teppiche, Glas, Porzellan, Silber, Sakrales, Schmuck, Design, Kunst- oder Wunderkammerobjekte: Die junge Käuferschicht ist dünn, wo doch vorhanden, gibt sie kaum Geld für schöne alte Dinge aus. Und die über die Jahrzehnte treu gebliebene Stammklientel? Sie hat keinen weiteren Bedarf mehr oder – grausam, aber wahr – stirbt weg.
Wo der Umsatz der Kunsthändler aber zurückgeht, sitzt das Geld für teure Messeteilnahmen nicht mehr locker. Das gilt auch für München. Während sich die erst vor einigen Jahren gegründete und im höherpreisigen Segment angesiedelte „Highlights“ in der Residenz weiterhin wacker schlägt, hat es die traditionsreiche und beim Publikum einst extrem beliebte „Kunst & Antiquitäten“ schwer getroffen.

Die älteste Kunstmesse Süddeutschlands, die Ende der 1960er-Jahre aus der Auer Dult heraus von damals elf jungen Händlern ins Leben gerufen worden war, droht nach 102 Ausgaben sang- und klanglos zu verschwinden. Schon zum zweiten Mal in Folge findet sie nicht statt. Martin Puch, seit 2020 zusammen mit Miroslav Kutnjak Vorsitzender des Vereins Münchner Antiquitätenmarkt, der hinter der Kunst & Antiquitäten steht, beschreibt die Misere so: „Der Markt ist schwierig, die Stimmung schlecht.“ Es ist der Tiefpunkt einer wechselvollen Geschichte der Messe. Sie hatte trotz mehrfacher Umzüge, aber immer angetrieben und bis 2020 geleitet vom unermüdlichen Kunsthändler Andreas Ramer, stets ihren Überlebenswillen unter Beweis gestellt.
1968 eröffnete die erste Kunst & Antiquitäten München im Alten Hackerkeller. Umbauarbeiten zwangen die Messe zum ersten Umzug in den Löwenbräukeller, dann ging es in den Pschorrkeller und schließlich in den Paulaner am Nockherberg. Dass all diese Veranstaltungsorte Brauerei-Säle waren, sagt viel über die Messe aus, die nie abgehoben, sondern bodenständig und publikumsnah sein wollte. Entsprechend reichte das Angebot von Kunst bis Krempel – letzteres jedoch fast immer im guten Sinne. Auch für den kleinen Geldbeutel gab es liebevolle Kleinigkeiten zu entdecken. Was Händler mit hochwertigen Antiquitäten im Angebot und Sammlern, die eben jenes Hochwertige und Hochpreisige suchten, jahrelang nicht schreckte.

Doch die Zeiten änderten sich, mit ihnen die Händler und das Publikum. Als 2016 der Umzug in den Postpalast erfolgte, dachte man, der Kunst & Antiquitäten könnte die Transformation gelingen. Auch bei dem Wechsel in die Kleine Olympiahalle zwei Jahre später war man mit mehr als 60 Ausstellern noch gut dabei. Und als die Messe 2019 ins Haus der Kunst umzog, schien endgültig eine Neuausrichtung in Sicht.
Dann kam die Pandemie und nur dank Corona-Hilfen konnte 2022 wieder eine Messe stattfinden. 2023 dann der nächste Versuch, die Messe wiederzubeleben und sich neu aufzustellen. Diesmal ging man mit der vor allem bei jüngeren Besucherinnen und Besuchern beliebten „ArtMuc“ zusammen. Diese verband zunächst viel mit der Street-Art-Szene. Sie setzt stark auf die Selbstvermarktung von Nachwuchskünstlern. Mit ihr teilte man sich eine neue Location, das MTC an der Ingolstädter Straße im Norden Münchens. Doch ob diese Art der jüngeren Kunstszene das richtige Umfeld für die Kunst & Antiquitäten war, blieb fraglich.
Jedenfalls hat die Messe 2023 zum bislang letzten Mal stattgefunden. Im vergangenen Jahr wurde sie ebenso en passant abgesagt wie in diesem. Dabei, so Martin Puch, sei die Zahl der Aussteller 2023 nicht schlecht gewesen und auch die Resonanz beim Publikum gut. Aber als man die 2024er-Ausgabe geplant habe, seien eine zu kurze Laufzeit und zu hohe Kosten als Gründe für eine Nicht-Teilnahme genannt worden. Letztlich „wollten nicht genug mitmachen“, so Puch.
Dennoch habe man in diesem Jahr wieder versucht, eine Kunst & Antiquitäten auf die Beine zu stellen. Diesmal wieder eigenständig an einem anderen Ort, dem Deutschen Museum, und zeitgleich mit der renommierten Highlights. „Der Vorstand hat sich sehr bemüht“, so Martin Puch, „aber nur 15 Händler waren bereit mitzumachen“. Zu wenige, um eine Messe erfolgreich zu stemmen. So blieb auch für dieses Jahr nur die Absage. Auf der Website ist nur der karge Hinweis zu lesen: „In 2025 kann die Kunst & Antiquitäten München aus verschiedenen Gründen leider nicht stattfinden.“

