Kunst in der Krise:Was fördern, wenn nichts sicher ist?

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Annette Heuser ist Chefin der Beisheim Stiftung und international aktiv. Sie sitzt im Präsidium des Council of the German American Conference in Harvard. Sie hat Politikwissenschaft, Jura und Soziologie studiert. (Foto: Beisheim Stiftung)

Kulturstiftungen in Zeiten der Pandemie: Die Beisheim Stiftung legt ein neues Programm auf, um kurzfristig zu helfen

Interview von Susanne Hermanski, München

Unter dem Motto "kulturstark" hat die Beisheim Stiftung ein neues Förderprogramm für gemeinnützige Kulturorganisationen in Bayern und Nordrhein-Westfalen aufgelegt. Das Ziel: die Zukunftsfähigkeit von Kulturakteuren in der Corona-Pandemie und darüber hinaus zu stärken. Organisationen können noch bis 16. April einen Kurzantrag auf Unterstützung in Höhe von bis zu 40 000 Euro einreichen. Die Stiftung des 2013 gestorbenen Metro-Mitbegründers Otto Beisheim verfolgt gemeinnützige Zwecke in verschiedenen Bereichen - von Wissenschaft über Umweltschutz bis hin zur Kultur. Deren Geschäftsführerin ist Annette Heuser. Die erfahrene Stiftungsfrau - sie arbeitete zuvor schon 20 Jahre für die Bertelsmann Stiftung, sitzt auch im Beirat des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.

SZ: Manche Stiftungen werden derzeit überrollt von Hilfsgesuchen von Künstlern. Ist das bei Ihrer Stiftung auch so?

Annette Heuser: Da die Förderrichtlinien unserer Stiftung keine Individualförderung vorsehen, haben sich einzelne Künstler und Künstlerinnen nicht direkt an uns gewendet. Wir haben aber über unsere Projektpartner von berührenden Schicksalen erfahren - besonders von freien Kulturschaffenden, denen praktisch ein Berufsverbot auferlegt worden ist. Deshalb haben wir in der Pandemie unsere bisherigen Projektpartner aktiv unterstützt und beispielsweise Fördermittel umgewidmet und Förderperioden verlängert. Gleichzeitig haben wir auch neue Projekte gefördert, um zumindest indirekt Künstler und freie Kulturschaffende zu unterstützen.

Wieso haben Sie zu dem bestehen Programm noch "kulturstark" aufgelegt?

Für uns war klar, dass wir handeln müssen, um den Kultursektor in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Allerdings haben wir auch beobachtet, dass viele Kulturakteure sich schwer tun, klassische Projektanträge zu schreiben, da die Unsicherheit so groß und die Planung so schwierig ist. Es sind bei uns sogar weit weniger Anträge eingegangen, als wir aufgrund des großen Bedarfs erwartet hätten. Deshalb haben wir beschlossen, dieses neue Förderprogramm mit einem schlanken Antragsverfahren aufzusetzen.

Was erhöht die Chancen, den Zuschlag auch zu erhalten?

Konkret wollen wir Kulturorganisationen ermutigen, in ihre Organisationen zu investieren - und zwar in die Entwicklung von tragfähigen Konzepten, in ihre Infrastruktur und ihr Personal. Wichtig ist für uns, dass wir eine Perspektive erkennen können, die in Post-Corona-Zeiten die Institutionen unterstützt, ihre Arbeit fortzusetzen oder auch ganz neu zu denken.

Spielen Sie mit "tragfähig" auf den mangelnden Geschäftssinn in der Szene an?

Ach, ich glaube, dass es ein altes und überkommenes Vorurteil ist, dass die Kulturszene Luftschlösser träumt. Die Realität ist, dass gerade die Kulturinstitutionen oftmals sehr genau ihre Marktnischen definieren und auch gut besetzen. Mit "kulturstark" bauen wir auf unseren positiven Erfahrungen auf. Wir unterstützen schon seit vielen Jahren Kulturinstitutionen mit strukturfördernden Maßnahmen. Dazu gehören zum Beispiel das NRW-Forum oder das Goethe Museum in Düsseldorf oder das Sarré Musikprojekt in München.

Sehen Sie Unterschiede in der Arbeit der Stiftung in Bayern und NRW?

Die Ausschreibung ist gerade erst angelaufen, aber bislang sehen wir keine Unterschiede zwischen den beiden Bundesländern, was die Bedarfe betrifft. Vielmehr sehen wir eine wachsende Schere zwischen den großen, staatlich finanzierten Kulturinstitutionen, und kleineren Akteuren, die kaum irgendwelche Ressourcen haben, um in ihre Zukunftsfähigkeit zu investieren.

Welche Projekte kommen infrage?

Wir haben etwa eine Anfrage von einem Medienkunstverein erhalten, der mit Hilfe einer externen Beratung die Wirksamkeit seiner Formate überprüfen will, um sie neu zu konzipieren. Dazu gehören auch Investitionen in Hardware und das digitale Vermittlungsprogramm der kommenden Jahre. Eine andere Anfrage eines Kulturforums will sich auf die angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen fokussieren und diesen Fortbildungen ermöglichen, um sie zu motivieren und für neue digitale und hybride Vermittlungsformate zu qualifizieren. Das sind für uns spannende Ansätze, die auch eine neue Dynamik in die Institutionen bringen können.

Details und Kurzantragsformular unter www.beisheim-stiftung.com/de/de/projekte/kulturstark

© SZ vom 26.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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