Kunst der Pause:Schnitt für Schnitt

Christine Hartmann

Christine Hartmann beendete gerade noch Dreharbeiten.

(Foto: Astrid Schmidhuber)

Regisseurin Christine Hartmann arbeitet, lehrt und lernt

Interview von Josef Grübl

Das Kulturleben steht still - zumindest äußerlich. Innerlich, in den Stuben und Köpfen der Künstler geht es natürlich weiter. Die Serie "Kunst der Pause" befragt die Kreativen ohne Bühne, die Dirigenten ohne Orchester, die Schauspieler ohne Set. Die Münchner Film- und Fernsehregisseurin Christine Hartmann ("Hanni & Nanni", "Tatort") arbeitet aktuell an einer bekannten ARD-Serie, allerdings von zuhause aus.

SZ: Woran wollten Sie in diesen Tagen arbeiten?

Christine Hartmann: Eineinhalb Wochen vor den Ausgangsbeschränkungen habe ich die dritte Staffel von "Charité" in Prag abgedreht. Gleich danach wollte ich mit meinen beiden Cuttern im Schneideraum weiterarbeiten. Das war aber ganz schnell vorbei, wir mussten alle nach Hause.

Was machen Sie jetzt stattdessen?

Weiter am Schnitt arbeiten, aber leider ganz anders als normalerweise. Die Cutter sitzen jeweils bei sich daheim und schicken mir die Schnittversionen, die wir dann telefonisch besprechen. Das ist sehr mühsam, weil man nichts gemeinsam ausprobieren kann. Aber immerhin können wir noch arbeiten. Wir hatten riesiges Glück, dass wir gerade noch den Dreh beenden und nach Deutschland zurückkehren konnten. Nur die historischen Kostüme hängen noch in Prag fest und können nicht in die verschiedenen Fundi zurückgebracht werden.

Was hilft Ihnen gegen triste Gedanken in diesen Tagen?

Wenn ich nicht am Schnitt arbeite, spiele ich Lehrerin für meinen zwölfjährigen Sohn. Anders als Gymnasiallehrer unterrichte ich nicht nur zwei, sondern mindestens fünf Fächer: Bio, Kunst, Latein, Mathe, Englisch, Geschichte ... Da bleibt wenig Zeit für triste Gedanken, und mein Latein ist besser denn je. Sollte ich also einen alten Römer auf der Straße treffen, werde ich mit ihm ein lateinisches Pläuschchen halten.

Worauf freuen Sie sich jetzt schon, wenn das kulturelle Leben wieder startet?

Auf die Premiere meiner "Charité"-Staffel. Aber das ist noch ein Stück Weg und wir werden sehen, ob Veranstaltungen solcher Art in absehbarer Zeit überhaupt wieder stattfinden können. Abgesehen davon bin ich gespannt auf die Thierry-Mugler-Ausstellung in der Kunsthalle. Überhaupt hatte ich mich nach der viermonatigen Drehzeit, in der man wenig Privatleben hat, auf das kulturelle und soziale Leben in München gefreut. Doch daraus wurde leider nichts.

Haben Sie einen besonderen CD-, Buch- oder Streaming-Tipp für all uns Stubenhocker wider Willen?

Unbedingt die HBO-Serie "Succession" ansehen! Sie hat zu Recht bei den Golden Globes gewonnen. Zum Lesen hat mir eine Freundin "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara empfohlen. Ein gewaltiges Buch über die Freundschaft von vier Männern in New York. Und damit nicht immer das gleiche auf den Tisch kommt, sollte man in Kochbüchern schmökern - Ottolenghis "Simple" ist immer gut. Eine Neuentdeckung sind für mich auch die Kochbücher von Mimi Thorisson. Und wenn gar nichts mehr geht, ein Gedicht von Else Lasker-Schüler auswendig lernen - wie wär's mit: "Ein alter Tibetteppich"?

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