Ausstellung:Fremder Planet Erde

Ausstellung: In Johannes Seefrieds digitaler Arbeit "Distorted Reality" verändert sich die Landschaft langsam aber stetig.

In Johannes Seefrieds digitaler Arbeit "Distorted Reality" verändert sich die Landschaft langsam aber stetig.

(Foto: Johannes Seefried)

Die Natur als Inspirationsquelle und der Mensch als Zerstörer: Acht zeitgenössische Künstler stellen in der Platform ihre Werke im Dialog mit Literaturfragmenten aus.

Von Hannah Prasuhn

Die Friedenstaube auf dem blau-gelben Gebäude an der Kistlerhofstraße setzt mehr denn je ein Zeichen, als "symbolträchtig" wird sie später in der Eröffnungsrede der Ausstellung "But nature is a stranger yet" benannt. Es sind die Szenen aus der Ukraine - verzweifelte Gesichter von Menschen, zerstörte Häuser, die in sich zusammenfallen - die sich wie ein Schatten über die Ausstellung legen. Die Flucht zurück in die Natur mag kaum gelingen, konfrontiert wird der Besucher mit den Gefahren und Folgen des anthropogenen Klimawandels, dem Wissen, wie die Menschheit den Planeten schützen könnte, und der Arroganz, dass sie es dennoch nicht tut. "But nature is a stranger yet" geht auf ein Gedicht von Emily Dickinson zurück. Als Titel der Ausstellung in der Platform wirkt es wie ein Leitmotiv, um eine Antwort darauf zu finden, was die Natur wirklich sein kann. Als Inspirationsquelle für Künstler, Philosophen und Literaten wird sie hier bildhaft in Szene gesetzt.

Acht zeitgenössische Künstler präsentieren ihre Arbeiten der Platform. Literatur und Kunst treten in "But nature is a stranger yet" in einen interdisziplinären Dialog, indem ausgewählte Literaturfragmente den Videos, Fotografien, Gemälden und Objekten gegenübergestellt werden. Vergangenes und Aktuelles sollen eine zeitübergreifende Verbindung eingehen und eine Verbindung zur Natur aufzeigen. Im Gegensatz dazu bleibt Emily Dickinsons Perspektive auf die Natur bestehen, die besagt, dass es ein Trugschluss sei, die Natur kontrollieren zu können, wenn man sie nur vollständig verstehen würde.

Kontrolliert wird die Natur auch in der sanft hügeligen Landschaft, die allmählich verkommt und abgetragen wird. Johannes Seefried setzt die Zerstörung durch Menschenhand in seinem Digital-Painting-Loop um. "Distorted Reality", eine verzerrte Realität, zeigt das 30-minütige Video. Kaum merkbar sind die Veränderungen, die in der Landschaft vollzogen werden, bis plötzlich das Ausmaß bewusst wird, die grünen Hänge einer grauen Abbaufläche weichen, die Wiesen zu trostlosen Ackerböden verkommen sind. Die natürlichen Ressourcen scheinen rücksichtslos ausgebeutet zu werden, im Video bemerkt man erst viel zu spät, welcher Schaden angerichtet wurde. Und das unaufhörlich und immer wieder, eine tragische Ironie. Italo Svevo hinterließ dazu deutliche Worte: "Das heutige Leben ist an der Wurzel verschmutzt."

Hier verschmelzen Idylle und bittere Realität

Und doch trägt jeder Mensch auch seinen Teil zu den Entscheidungen bei, die sich auf die Form unserer Umgebung auswirken. Eine starke Spannung zwischen Mensch und Natur besteht. Dominiert schon der Mensch? Sind die Wälder und Parks frei von Eingriffen? Was ist noch natürlich, wie entscheidet sich die Menschheit? Wird sie ihren machtvollen Umgang weiter fortführen oder sich entscheiden, auf neuen, unbekannten Wegen zu wandeln, die einen vor andere Entscheidungen stellen. So greift es das Gedicht "The Road Not Taken" von Robert Frost auf, welches die Fotografie "Der Weg" von Saskia Groneberg literarisch stützt. Das Diptychon zeigt, wie Mann und Natur miteinander verschmelzen, jedoch auch weiterhin strikt getrennt sind und sich die Kluft weitet.

Seefried, Groneberg und die sechs weiteren Künstler lassen Idylle und bittere Realität verschmelzen, führen vor Augen, wie der menschliche Einfluss das Bild von Natur, Reinheit und Schönheit bereits geprägt hat. Sie hinterfragen in der Vielfalt der Arbeiten den Umgang mit den kostbaren Ressourcen des Planeten und machen deutlich, wie wir ihn wahrnehmen.

But nature is a stranger yet, Platform, Kistlerhofstraße 70, Haus 60, 3. Stock, bis 23. März, Mo.-Fr. 10-17 Uhr, platform-muenchen.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: