Kundgebung von Islamhassern:Bewegung am rechten Rand

Islamhasser rufen in München zu einer Kundgebung auf, doch dagegen formiert sich ein breiter Widerstand. Viele halten Gruppen wie "Die Freiheit" oder "Pro Deutschland" längst für genauso gefährlich wie Rechtsextreme.

Silke Lode

Michael Stürzenberger bei Veranstaltung Münchner Islamkritiker, 2011

Michael Stürzenberger hat sich zu einer Führungsfigur der Rechtspopulisten in München entwickelt.

(Foto: Stephan Rumpf)

Gegen die Aktivitäten von Rechtspopulisten in München formiert sich in der Stadtgesellschaft zunehmend Widerstand. Ein überparteiliches Bündnis von Parteien, Religionsgemeinschaften und Gewerkschaften hat zu einer Kundgebung am 10. November gegen die angekündigte Demonstration des ausländerfeindlichen Bündnisses "Pro Deutschland" aufgerufen. Auch die rechte Partei "Die Freiheit" hat an diesem Tag einen Info-Stand angemeldet.

Im Fokus der Rechtspopulisten - egal welcher Gruppierung - steht das geplante Zentrum für Islam in Europa München (Ziem). Die "Freiheit" sammelt seit Monaten Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen das Ziem. Nach eigenen Angaben hat die Partei bereits 10.000 Unterschriften gesammelt.

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hält den Kampf gegen das Projekt allerdings nur für einen Vorwand: "Es geht den Rechtspopulisten nicht um ein konkretes Projekt, sondern um eine grundsätzliche Absage an jegliche Religionsfreiheit für den Islam." Dem überparteilichen Bündnis, dem neben SPD, Grünen, FDP und der CSU-Stadtratsfraktion auch die Israelitische Kultusgemeinde, die Evangelische Kirche in der Region München, Weihbischof Engelbert Siebler oder der Verein "München ist bunt" angehören, geht es vor allem um Aufklärung.

Ude betont, dass er die Grenzen zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus für "ausgesprochen fließend" hält. "In ihrer Aggressivität und ihren Zielen sind diese Gruppen kaum zu unterscheiden, nur manchmal tarnen sich die Rechtspopulisten raffinierter, indem sie sich zum Beispiel als pro-israelisch ausgeben", meint Ude.

Deutliche Worte findet auch CSU-Fraktionschef Josef Schmid: "Diese Leute sind keine bürgerlichen Kräfte. Ich unterstelle der Freiheit und Pro Deutschland den gleichen Grad an Ausländerfeindlichkeit wie der NPD." Schmid will damit auch deutlich machen, dass rechts von der CSU kein Platz mehr ist für eine weitere demokratische konservative Partei. Allerdings spürt die CSU auch deutlicher als andere Parteien, welche Gefahr von Rechtspopulisten ausgeht: Mit der Senioren-Union etwa spricht sich auch ein Ableger der Münchner CSU gegen das Ziem aus - obwohl OB-Kandidat Schmid sich seit Jahren für das Zentrum einsetzt. Und der hiesige Chef der "Freiheit", Michael Stürzenberger, brüstet sich gerne damit, dass er unter Monika Hohlmeier Sprecher der Münchner CSU war.

Harter Kern der "Freiheit"

Doch die verschiedenen rechtspopulistischen Gruppen sind weit mehr als ein Problem der CSU mit ihrem rechten Rand. Mit Themen wie der vermeintlichen Bedrohung durch den Islam oder ihrer Anti-Europa-Polemik reichen sie viel weiter in die Mitte der Gesellschaft hinein, als dies klassisch rechtsextreme Parteien vermögen. Nach Einschätzung von Miriam Heigl und Marcus Buschmüller, die im Auftrag der Stadt beziehungsweise des Feierwerks die rechte Szene beobachten, hat sich Stürzenberger in München zu einer Führungsfigur der Rechtspopulisten entwickelt. Er ist in Personalunion Landeschef der "Bürgerbewegung Pax Europa" und der "Freiheit" und schreibt regelmäßig auf dem Blog "Politically Incorrect", über den sich Islamhasser europaweit vernetzen.

Zum harten Kern der "Freiheit" zählen laut Heigl und Buschmüller nur fünf bis sechs Personen. Doch über die Aktionsformen, die sie wählen, können sie erheblichen Wirbel verursachen: Sie stören Veranstaltungen, rufen zu Hassmail-Kampagnen auf und bekommen weit über die Grenzen der Stadt hinaus Unterstützung für ihre Unterschriftensammlung gegen das Ziem. Auf ihrer Internetseite bedankt sich die "Freiheit" bei Helfern aus ganz Deutschland und Österreich, die in München fast jedes Wochenende irgendwo einen Infostand aufbauen.

Mit der Unterschriftensammlung verfolgt die "Freiheit" zwei Ziele: So bekundet die Partei pathetisch, man wolle "etwas Historisches erreichen", weil im Falle eines Erfolgs in München zum ersten Mal in einer deutschen Großstadt über den Bau einer Moschee abgestimmt werde. Heigl und Buschmüller vermuten aber, dass es der "Freiheit" vor allem darum geht, ein Netzwerk an Unterstützern für die Kommunalwahl 2014 aufzubauen, denn eine neue Partei darf nur dann antreten, wenn mindestens 1000 Wahlberechtigte dafür unterschreiben.

In München hat der Stadtrat lange darauf gesetzt, Rechtspopulisten möglichst keine Plattform zu bieten, doch mit dem Schweigen ist es nun vorbei. Bereits im Mai haben viele Parteien den "Münchner Appell gegen Rechtspopulismus" mit formuliert, nun will das Bündnis auf der Straße ein Zeichen setzen. Grünen-Stadtrat Siegfried Benker, der die Kundgebung am 10. November von 10.30 Uhr an am Goetheplatz angemeldet hat, erinnert daran, dass "Pro Deutschland" es bei der Kommunalwahl 2008 fast in den Stadtrat geschafft hätte und Franz Schönhuber bei der Europawahl 1989 in München fast 15 Prozent für die Republikaner geholt hat. "Das ist das mobilisierbare rechte Potenzial."

Benker hält es für möglich, dass es der "Freiheit" gelingt, mehr als 30.000 Unterschriften zu sammeln, um eine Abstimmung zu erzwingen, denn es gibt für die Sammlung keine zeitliche Begrenzung. "Deshalb müssen wir deutlich machen: Wer eine weltoffene Stadtgesellschaft will, darf da nicht unterschreiben", sagt Benker.

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