Kundenfreundlichkeit:Ungeschützter Sex dank versteckter Kamera

Eine Razzia im "Pascha" bringt der Polizei neue Erkenntnisse: Wenn Gäste Präservative ablehnen, soll eine Videoüberwachung dafür sorgen, dass Prostituierte sich den Wünschen ihrer Freier fügen.

Susi Wimmer

Eine versteckte Videokamera in einem Bordellzimmer. "Da hab ich mir nichts dabei gedacht", sagt der Geschäftsführer. Die Polizei allerdings denkt sich so einiges: Sie verdächtigt den Betreiber des Etablissements am Stahlgruberring, mit der Kamera kontrollieren zu wollen, wie es die Damen mit der Benutzung von Kondomen halten.

Nicht etwa, um die Frauen zu schützen, sondern um sie unter Druck zu setzen, ohne Schutz zu arbeiten. "Ich zwinge niemanden", sagt der Geschäftsführer gegenüber der SZ und verweist gleichzeitig auf die "besonderen Leistungen" seines Clubs. "Hauptsache, der Gast ist zufrieden."

Kurzes Vergnügen mit hohem Risiko

Aids, Hepatitis, Syphilis, genitaler Herpes. Auch das kann sich ein Bordell-Gast holen, wird kein Kondom benutzt. Der Münchner Verein "Mit Schutz", der sich für die Gesundheit von Prostituierten und ihrer Gäste einsetzt, erklärt auf seiner Homepage, dass es in punkto Gesundheitsrisiken "Fünf vor zwölf" sei.

Die Servicleistungen der Damen würden ungeschützten Geschlechtsverkehr, ungeschützten Analverkehr, ungeschützten Oralverkehr und ungeschützte Spermaaufnahme in den Mund umfassen. "Durch diese Praktiken wird Geschlechtskrankheiten Tür und Tor geöffnet." Außerdem könnten Bordellgäste solche Infektionen weitertragen.

Tatsachen, die auch Peter Schillinger von der Polizei nur zu gut kennt. "Die Gefahr, sich anzustecken, wird immer größer", sagt er, vor allem seit 2001 der so genannte "Bockschein" weggefallen sei. Das war die monatliche Pflichtuntersuchung für Prostituierte. Laut bayerischer Hygieneverordnung gebe es zwar einen Kondomzwang bei Prostituierten, allerdings könne eine Zuwiderhandlung nicht sanktioniert werden. "Und außerdem bezieht sich diese Verordnung nur auf Geschlechtsverkehr." Anale und orale Praktiken seien ausgenommen.

Tabulos, um wettbewerbsfähig zu bleiben

Seit Öffnung der Grenzen registriert die Polizei immer mehr Prostituierte aus Osteuropa, "die sich wohl leichter überreden lassen, ohne Kondom zu arbeiten". Frauen, die sich zu günstigeren Konditionen anbieten und damit die Konkurrenzsituation verschärfen. Da müsse ein Club einiges anbieten, um im Geschäft zu bleiben. Gerade das Bordell am Stahlgruberring werbe offensiv mit "Tabulosigkeit".

"Wir haben den Verdacht, dass die Kamera in dem Club kontrollieren sollte, dass die Frauen ohne Kondom arbeiten", sagt Schillinger. Solche, die "mit Gummi" gearbeitet hätten, seien anschließend vom Chef darauf angesprochen worden.

"Die Herren wollen bei uns zu 99 Prozent französisches Vorspiel ohne Samenerguss", sagt der Geschäftsführer. Und: "Eine Vielzahl der Kunden will auch ohne Kondom." Seine Damen könnten sich darauf einstellen. "Wenn sie zu uns kommen, müssen sie davon ausgehen", sagt er. "Pascha ist eben nicht Aldi."

Gleichzeitig legt er Wert darauf, dass das, was die Damen machen "deren Problem" sei. Und die Kamera auf Zimmer 6 sei lediglich installiert worden, um die Frauen vor aggressiven Gästen zu schützen.

"Freier wollten schon immer ,ohne'", sagt Carmen Jörg von der Prostituierten-Beratungsstelle Mimikry. Mit Sorge beobachte sie, dass Preisdumping immer mehr jede Vorsichtsmaßnahmen vergessen lasse. "Es wäre schön, wenn Bordellbetreiber auf ihre Mädchen achteten", sagt sie.

Ein frommer Wunsch. Was bleibt, ist der Appell an die Eigenverantwortung - und Aufklärungsarbeit. Zur WM jedenfalls wird der Verein präsent sein: Mit Kondomen, die an Männer verteilt werden. Motto: "Frei(er) sein!"

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: