Kulturstrand:Einer lügt

Nußbaumpark in München, 2013

Im Nußbaumpark südwestlich des Sendlinger Tors soll 2014 der Kulturstrand Platz finden - ob es allerdings so kommt, ist derzeit offen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Streit um die Verlegung des Kulturstrands vom Nußbaumpark an den Vater-Rhein-Brunnen beschäftigt erneut den Stadtrat. Veranstalter und Kreisverwaltungsreferent werfen sich gegenseitig vor, die Unwahrheit zu sagen

Von Marco Völklein

Benjamin David ist nicht zu übersehen. Und zu überhören ist der Chef der "Urbanauten" auch nicht. Am Dienstag hatte sich David unübersehbar in die erste Reihe der Zuschauergalerie im Rathaus gesetzt, um der Debatte über die Zukunft des Kulturstrands zu folgen. Dreimal hatte David laut "Das stimmt nicht!" dazwischen gerufen - da platzte Wilfried Blume-Beyerle der Kragen: Er werde sich nicht weiter unterstellen lassen, "dass ich den Stadtrat belüge", entgegnete der Chef des Kreisverwaltungsreferats. Und zitierte dann aus den Unterlagen, mit denen sich David und seine Urbanauten vor drei Jahren um den Zuschlag für den Betrieb des Kulturstrands beworben hatten. Damals hatte David offen eingeräumt, dass er am geplanten Standort im Nußbaumpark am Sendlinger Tor im Sommer 2014 eventuell auf Live-Musik verzichten müsse, da es Beschwerden von Anliegern geben könnte.

Mittlerweile will David davon nichts mehr wissen. Er habe von Anfang an gegen den Standort am Sendlinger Tor plädiert, hatte David schon im Frühjahr klar gemacht. Und seither immer wieder gegen eine Ausrichtung des Kulturstrands im Nußbaumpark plädiert. Intensiv hatte er bei Politikern aller großen Parteien dafür geworben, vom ursprünglichen Konzept abzurücken und den Strand 2014 vom Nußbaumpark an den Vater-Rhein-Brunnen zu verlegen. Mit Erfolg: Im Landtagswahlkampf hatten nicht nur führende Christsoziale und Freidemokraten zu Empfängen am Kulturstrand geladen; vielmehr hatte die FDP im Sommer 2012 die Verlegung an den Vater-Rhein-Brunnen beantragt. Zuletzt hatten die Leiter der Innenstadtkliniken die Diskussion befeuert - und mit rechtlichen Schritten gedroht, sollten die Urbanauten das nahe Klinikviertel im kommenden Jahr vom Nußbaumpark aus mit Live-Musik und DJ-Auftritten beschallen.

Vertreter von SPD, der Linken sowie der ÖDP wiesen am Dienstag im Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrats das Ansinnen zurück: Von Anfang an sei klar gewesen, dass der Strand 2014 im Nußbaumpark stattfinden soll. Vielmehr noch: Davids Konzept sei es gewesen, mehr Leben an sogenannte "Un-Orte" zu bringen - also etwa auf verkehrsumtosten Plätzen Bands und DJs auftreten zu lassen. Von diesem Konzept aber sei mittlerweile nicht mehr die Rede, befand Beatrix Zurek (SPD). Vielmehr gehe es David und seinen Urbanauten nur noch darum, nicht mehr die "Un-Orte" zu bespielen, sondern an gefragten "In-Orten" präsent zu sein.

Auch Tobias Ruff (ÖDP) warf David vor, mit immer neuen "Winkelzügen" gegen das ursprüngliche Konzept zu wettern. "Das kenne ich von keinem anderen Gastronomen, dass im Vorfeld einer Entscheidung so viel Lobbyismus betrieben wird", sagte Ruff. Orhan Akman (Linke) fand, es könne nicht sein, dass sich die Stadt "nach dem Wunschkonzert eines Betreibers" richte. Zumal andere Bewerber, die sich 2010 ebenfalls beworben hatten, Schadenersatzansprüche geltend machen könnten, wenn die Stadt im Nachhinein von ihrer ursprünglichen Ausschreibung abweiche, ergänzte Kreisverwaltungsreferent Blume-Beyerle. Bis heute hätten die Urbanauten kein Konzept vorgelegt, was genau sie am Nußbaumpark planen. "Es gibt nur Aktivitäten, an einen anderen Standort zu ziehen", sagte Blume-Beyerle.

FDP-Stadtrat Jörg Hoffmann warf dem KVR-Chef indes vor, "sich richtig beamtenmäßig" zu verhalten und wenig flexibel zu sein. Wenn sich gezeigt habe, dass der Vater-Rhein-Brunnen besser geeignet sei, müsse man eine Verlegung zumindest prüfen, fand auch Sabine Nallinger (Grüne). Eine Mehrheit gab es dafür aber nicht: Acht Räte stimmten für eine Verlegung, acht dagegen. Somit bleibt es zunächst mal beim bisherigen Plan - und somit dürfte David wohl seine Drohung wahr machen und den Kulturstrand 2014 ausfallen lassen.

Der Streit ist aber noch nicht beendet: An diesem Mittwoch wird sich die Stadtrats-Vollversammlung erneut damit befassen. Doch selbst wenn sich die Räte für eine Verlegung des Strands 2014 aussprechen würden, müsste die Stadt erneut eine Ausschreibung starten. Und da machte Blume-Beyerle gleich mal klar, dass dies für die Urbanauten auch schlecht ausgehen könnte: Denn in einem solchen Verfahren würde auch "die Zuverlässigkeit eines Bewerbers gewürdigt werden". Und "permanente Falschbehauptungen in der Öffentlichkeit" seien dem sicher nicht zuträglich.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: