Kulturprojekt:Warum auf der MS Utting noch kein Betrieb ist

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Betreiber Daniel Hahn kann noch keinen Eröffnungstermin nennen. (Foto: Fotos: Robert Haas)
  • Im Februar ist die ausrangierte MS Utting nach München gebracht worden - seither steht sie auf einer Eisenbahnbrücke in Sendling und soll zum Gastonomie-Betrieb werden.
  • Eigentlich hätte der Betrieb in dem Schiff längst losgehen sollen, doch das Projekt wird sehr teuer, und Handwerker sind in München schwer zu bekommen.
  • Zwar sind viele Münchner von der Idee begeistert, doch von manchem Politiker kommt inzwischen auch leichter Gegenwind.

Von Laura Kaufmann

Momentan ist es gar nicht so leicht, auf die MS Utting zu gelangen, die über Sendling auf einer Eisenbahnbrücke thront. Es führt noch keine Treppe hinauf zu dem Schiff. Allein um die Treppe hinauf zu planen, sagt Daniel Hahn, mussten 25 verschiedene städtische Abteilungen angefragt werden. Liegen da irgendwo Telefonleitungen? Abwasserrohre? Was muss bei dem Bau berücksichtigt werden?

Es gibt kein Schema F, das sich irgendwo im Internet ausdrucken lässt und das erklärt, wie ein Schiff vom Ammersee nach Sendling transportiert und auf eine Brücke gehievt wird, und keines, das die Risiken, Kosten und die Dauer des Umbaus zu einer gastronomisch und kulturell nutzbaren Anlaufstätte erklärt. Von vorneherein klar war nur, dass es ein immenser Aufwand wird, bei dem die meisten wohl dankend abgewunken hätten. Und jetzt dauert es noch ein bisschen, bis die MS Utting mit ihrem Programm startet.

Impressionen
:Der Umzug der MS Utting in Bildern

Am Dienstag und Mittwoch wurde der Ausflugsdampfer in zwei Teilen vom Ammersee auf eine ehemalige Bahnbrücke nach Sendling transportiert, vom Sommer an sollen dort Kulturveranstaltungen stattfinden.

Daniel Hahn wirkt ein bisschen müde, was sonst selten vorkommt. Auf der Utting sind gerade viele Handwerker; sie sollten auf dem Deck arbeiten. Aber jetzt sieht es nach Regen aus, es ist windig, und die Arbeiten müssen verschoben werden. Mal wieder. Im Frühsommer, so hatte Hahn es sich einmal vorgestellt, hätte das Boot Fahrt aufnehmen sollen. "Ich bin vorsichtiger geworden mit Schätzungen", sagt er nun.

September, vielleicht. Oder doch eher Oktober. "Ich glaube immer noch, dass es früher hätte klappen können", sagt er, "aber in München wird überall gebaut, und alle Handwerker sind ausgelastet." Er musste also die Termine nehmen, die übrig waren. Und bevor ein Bauabschnitt vollendet ist, kann der nächste nicht angegangen werden. Vieles ist außerdem wetterabhängig, wie die Arbeiten an Deck.

Diesen Sommer wird die Utting also nicht mehr eröffnen. Aber sie ist auch winterfest. Sieben Tage die Woche soll hier einmal Betrieb herrschen, auch Mittagessen wird es geben. "Im Moment überlegen wir uns, wie wir das Schiff am besten beheizen", sagt Hahn. Die vorhandene Heizung taugt nicht für den Betrieb an Land, wie so vieles an Bord. Vor dem Bug, auf den Schienen, sollen Hochbeete angelegt werden, ein Container wird dort als Kiosk und Imbiss dienen.

Die Handwerker sind ausgebucht

Den "Bürgergarten" nennt Hahn das, von dem aus eine Treppe aufs Schiff führen wird. Man merkt der MS Utting nicht mehr an, dass sie einmal in zwei Teile gesägt war für den Transport. An Deck wird die Ausgabe im Kapitänshäuschen sein, und in dem Schornstein davor soll der Koch stehen, der die Gerichte zubereitet. Viel Vegetarisches, wertige Lebensmittel, schmackhaft.

Es ist wirklich viel zu tun. Die Reling ist schon erhöht worden. Außerdem soll ein Netz darum gespannt werden, auch damit ein Handy, einmal aus der Hand gerutscht, nicht gleich unten auf der Thalkirchner Straße zerschellt. An die Heckseite kommt eine Markise, die vor Regen oder Sonne schützt, und wenn der Boden einmal verlegt ist, wird die originale Bestuhlung wieder aufgestellt. Ebenso unter Deck, im Bug-Salon, mit Blick auf den alten Südbahnhof und die Großmarkthallen, und im Mitteldeck, wo gerade gebohrt und geschleift wird; mittendrin ist eine frisch lackierte Tür aufgebockt. Ein Statikplan ist an die Seite gepinnt. Schon wieder veraltet, sagt Hahn.

An der Decke wird die alte Holzvertäfelung wieder angebracht. Im Bauch des Schiffes, im ehemaligen Maschinenraum zwischen alten Rohren, sollen sorgfältig ausgewählte, spezielle Konzerte und Lesungen stattfinden. Tanks und Kessel sind schon ausgebaut. Aber es ist nicht viel Platz. Wie man den besonderen Raum bestuhlt, darüber macht sich Daniel Hahn gerade Gedanken, vielleicht mit Bänken an der Seite.

Das Projekt sei "sehr, sehr, sehr teuer", genauer möchte er da nicht werden. Mehrere Kredite hat er bekommen. Vielleicht muss aber noch eine Crowdfundingkampagne gestartet werden. Erst, wenn es geöffnet ist, bringt das Schiff auch Geld. Die Zwischennutzung ist vorerst auf fünf Jahre begrenzt. Je früher gestartet werden kann, desto besser also, aber Hahn möchte so viel wie möglich original erhalten und alles so sorgfältig wie möglich erledigen; den Fluch der Zwischennutzung nennt er das.

So mühsam es ist, "die Stadt unterstützt das super", sagt der Landkapitän. Überraschend schnell und glatt war bisher alles gegangen. Doch mittlerweile gibt es auch Gegenwind. Eigentlich hatte Hahn beim Werben in den Stadtvierteln alles richtig gemacht. Früh besuchte er die Bezirksausschüsse, erzählte, was er vorhat. Da lag die MS Utting noch im Ammersee. Die Stadtteilpolitiker freuten sich, ein so spannendes Projekt ins Viertel zu bekommen.

Bis die MS Utting auf das Gleis gehievt wurde und Stadtteilpolitikerin Silvia Haas von den Grünen einen DJ-Aufkleber am Schiffsrumpf entdeckte. Sie fürchtete nächtliches Remmidemmi und sah die Sicherheit an der Brücke bedroht. Bei einem Besuch bei ihren Sendlinger Kollegen sagte die Isarvorstädterin, sie und andere Anwohner seien schon genug gebeutelt mit dem Lärm vom Viehhof und der benachbarten "Gruam".

Das zeigte Wirkung. Grünen-Politiker Rene Kaiser sprach von Akteuren, die im Hintergrund arbeiteten. "Das Projekt ist sehr prestigeträchtig für die Stadt, da sind wir nur eine Anlaufstelle." Und SPD-Politiker Markus Lutz schaffte es sogar, die MS Utting in einem Boulevardblatt verantwortlich für die Rattenplage auf einem Spielplatz im Glockenbachviertel zu erklären.

Mit der Stadtpolitik läuft es überwiegend gut

Daniel Hahn zeigt sich eher erstaunt von solchen Anschuldigungen. "Ich finde es schade, weil die Begeisterung so groß ist. Viele Münchner sind mit dem Schiff gefahren, haben dort gefeiert oder sogar geheiratet. Wir sind hier im Gewerbegebiet, haben extra nach einem dezentralen Ort gesucht." Die ältere Generation finde es toll, dass das Schiff erhalten bleibt, sagt er, die jüngere freue sich auf ein spannendes Projekt. Obendrein sind auf der MS Utting keine Raves geplant, das Schiff soll ein Restaurant-, Bar- und Cafébetrieb werden. Sie ist die ältere Schwester des jungen, wilden Bahnwärter Thiel, dessen Container man von ihrem Deck aus sehen kann.

Neulich hat Hahn einen Brief von einem bekommen, der als 16-jähriger Schlosserlehrling die MS Utting nach dem Krieg mit gebaut hatte. Er freue sich, dass das Schiff erhalten bleibe, und ob er zu Besuch kommen dürfe? Daniel Hahn freut sich darauf. Sobald das Schiff Fahrt aufgenommen hat.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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