Kulturpolitik:Mehr Platz für Künstler

SPD fordert, leer stehende Räume temporär zu nutzen

Von Michael Zirnstein

Künstler brauchen Raum zum Musizieren, Malen, Schreiben, Schauspielen und Ausstellen. Aber diesen Raum, zumal bezahlbar, gibt es in München kaum. Wirklich? Vielleicht könnten einige Künstler eine Zeit lang den Schuhladen an der Donnersberger Brücke nutzen, der seit eineinhalb Jahren leer steht und dessen Schaufenster lediglich für eine kleine Ausstellung genutzt werden, wie dem SPD-Stadtviertel Politiker Willi Wermelt aufgefallen ist.

Nur wie bringt man den Immobilienbesitzer und die Kreativen zusammen? Die SPD hat nun bei der Stadtverwaltung beantragt, dass das städtische Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft mehr Zwischennutzungen auftun und an Künstler vermitteln soll. Die Mannschaft von Jürgen Enninger habe da schon viel geleistet, sagt Julia Schönfeld-Knorr, die stellvertretende SPD-Kultursprecherin, und verweist auf das Ruffinihaus, das drei Monate lang 120 Kreativen Raum gab.

Solche Projekte solle es mehr geben, findet die Stadträtin, vielleicht seien dafür mehr Stellen im Kompetenzteam nötig, um Gebäude und Flächen zu finden, vielleicht könne man einen Flyer entwickeln, um mögliche Anbieter und Nutzer über die Anlaufstelle zu informieren, auf jeden Fall solle man aber nicht nur in der Innenstadt suchen. Gute Locationscouts sind für Schönfeld-Knorr gerade die Politiker in den Bezirksausschüssen, die eine hohe Ortskenntnis haben. So sei vor dem Abriss einer Ladenzeile am Pasinger Marienplatz die "Pappschachtel" als Kulturoase entstanden. Gerade habe sich auch Markus Auerbach (SPD), der Bezirksausschuss-Vorsitzende Feldmoching-Hasenbergl gemeldet und gesagt, er wisse von einigen leer stehenden Läden. "Gerade in den äußeren Bezirken gibt es noch viel Potenzial."

So knapp wie der Raum ist bei vielen Künstlern das Geld. Darum geht es den SPD-Stadträten im zweiten Teil des Antragspaketes "Kultur braucht Fairness". Sie fordern Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) und sein Team auf, darzulegen, wie man freischaffende Künstler bei städtischen Projektförderungen künftig angemessen honorieren könne. Schönfeld-Knorr und ihren Kolleginnen Kathrin Abele und Constanze Söllner-Schaar fällt in Vergabejury-Sitzungen immer wieder auf, dass Künstler in ihren Anträgen ihre eigenen Honorare sehr tief ansetzen, um die Förderung durchzubekommen. Es könne aber nicht sein, dass etwa ein Regisseur, der seit 25 Jahren im Beruf steht, für fünf Wochen Probenzeit 1800 Euro Brutto für sich verlange oder bei Technikern oder Schauspielern sparen müsse. Diese Selbstausbeutung der Szene soll das Kulturreferat, das sich ohnehin den Vorgaben des internationalen Künstlernetzes "Art But Fair" verpflichtet hat, entgegentreten.

Mit Blick auf Steuergelder will die SPD zwar nicht unbedingt mehr "richtungsweisende, innovative Projekte" bezuschussen. Aber bei steigenden Lebenshaltungskosten sollen die einzelnen Vorhaben von Künstlern mehr Geld bekommen. Auch die momentane Obergrenze von 80 000 Euro für einzelne Projekte soll erhöht werden, findet Julia Schönfeld-Knorr. Als ausgebildete Schauspielerin wisse sie, wie wichtig das ist: "Eine faire Honorierung ist jenseits der Wertschätzung eine existenzielle Mindestanforderung."

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