Kultur-Raum:"So...äh...künstlerisch"

Umstrittene Villa Kunterbunt: Ob wilde Hippie-Kommune oder seriöser Atelierraum, das Kultur-Biotop in der Blumenstraße 28 wähnt sich wieder einmal in Gefahr.

Agnes Fazekas

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Künstlerszene Blumenstraße 28 Stadtwerke

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Umstrittene Villa Kunterbunt: Ob wilde Hippie-Kommune oder seriöser Atelierraum, das Kultur-Biotop in der Blumenstraße 28 wähnt sich wieder in Gefahr.

Von außen

Die Fassade sieht noch ganz nach Amt aus. Seit Jahren vermieten die Stadtwerke als Hauseigentümer an Künstler und Kleinunternehmer. Obwohl von Anfang an klar war, dass es sich um eine Zwischenlösung handelt, fällt das Abschiednehmen schwer. Die Künstler und Kreativ-Firmen sollen voraussichtlich bis Ende 2009 ausziehen, sagen die Mieter. Die Stadtwerke wehren sich gegen solche "Gerüchte". Die Blumenstraße 28 ist noch einer der wenigen Orte in Innenstadtlage, der Künstlern, Start-Ups und andere Kreativen günstigen Freiraum bietet.

Foto und Text: Agnes Fazekas

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Party-Relikte: Im Untergeschoss wird gefeiert. Noch. Erst zog das Funky Kitchen aus. Wird es nun auch für die Registratur knapp? Flaschenscherben und Erbrochenes vor der Tür passen nicht zu den edlen Büroräumen, die hier erschlossen werden könnten.

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Untergeschoss

2004 feierte Betreiber David Walker unter dem Motto "5 vor 12" ein Jahr Clubbing in der Registratur. Das Gebäude an der Blumenstraße 28 sollte damals schon saniert werden. 2007 kam es dann zum Relaunch des Clubs im Speisesaal der ehemaligen Amtskantine. Heute hat es laut Gerüchteküche wieder 5 vor 12 geschlagen. Einige Mieter meinen sogar gehört zu haben, dass dem Club schon gekündigt worden sei.

Foto: Catharina Hess Text: Agnes Fazekas

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Erdgeschoss

Kreative Ordnung in der Villa Kunterbunt: Jeder, der will, hängt einen Briefkasten auf. Inzwischen geht es fast gediegen zu in der Nummer 28: Seriöse Künstler, kleine Firmen und Projekträume.

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Wenig repräsentativ dagegen ist der Lastenaufzug. Die meisten Mieter benutzen lieber die Treppe. Damit die Clubgäste aus der Registratur nachts nicht ins Haus können, fährt der Lift dann nur bis ins Erdgeschoss. Hier sitzt auch der Pförtner vom Sicherheitsdienst.

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1. Stock, Raum 103

Bunte Shirts und Kapuzenpullover: Die Jungs vom Label "United Skateboard Artists" gestalten Textilien im Siebdruck-Verfahren. Sie beliefern inzwischen 30 bis 40 Läden in Deutschland mit dem eigenen Label und nehmen auch Aufträge von Bands oder Clubs entgegen.

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Der Lagerraum ist inzwischen fast zu klein für die Shirts, die hier für den Versand fertig gemacht werden.

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1. Stock, im Gang

Schon ausgezogen ist die Firma Zuckerhut: Viele Mieter dagegen verdrängen die Kündigungsgerüchte noch. Ab September solle das Haus saniert und anschließend neu vermietet werden, schwirrt es durch die Stockwerke.

Ein echtes Künstlerviertel, wie das frühere Schwabing, gibt es schon lange nicht mehr in München.

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Düstere Gänge, leere Glasschaukästen und dieses Modell einer Gasleitung deuten noch auf die frühere Bestimmung des Gebäudes hin. Zuvor saßen die Münchner Stadt- und Gaswerke in der Blumenstraße 28.

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Nur wenige Zimmertüren sind so individuell gestaltet wie diese. Die meisten sind einheitlich gestrichen, schmucklos und verfügen weder über Namensschild noch Klingel. Aber hinter jedem Klopfen steckt eine Überraschung. Als ob die Türen zu einem überdimensionierten Adventskalender gehörten.

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Von 130 Mietern spricht das Münchner Kulturreferat im Atelier-Bericht 2008. Bei zwei Wochen Kündigungsfrist ist "man schnell drinnen und draußen", sagt Grafiker Memel.

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Früher wurde oft eingebrochen und randaliert in der Blumenstraße 28. Das Haus stand für Jedermann offen und nicht selten verirrten sich angetrunkene Discogäste in den weitläufigen Gängen - mit unappetitlichen Konsequenzen. Randalierenden Feierwütigen aus der Aggro-Hiphop-Szene wurde bald gekündigt und auch einem Künstler soll der Auszug nahe gelegt worden sein, erzählt man sich im Haus. Er experimentierte mit brennbaren Substanzen, bis der beißende Geruch die Nachbarn und die Feuerwehr alarmierte.

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2. Stock, Raum 287b

Das Grafik-Duo Anne und Alexandra hat einen Flügel im Büro stehen. Wie so vieles im Haus, stand das Klavier erst bei einem anderen Mieter nutzlos herum und wurde dann umquartiert. Nun wollen sie es selbst wieder loswerden. Es bleibt nicht lange gestimmt und die beiden vermuten, dass die Kunden mit dem Instrument assoziieren: "Das ist eine Bastelstunde, in der alles gemacht wird und am liebsten umsonst."

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2.Stock, Raum 206

Hinter "Westfire Entertainment" verbirgt sich ein kleiner Hörbuchverlag, der gerade ein Hörspiel über die Beziehung zwischen Wassily Kandinsky und Gabriele Münter herausgebracht hat. Geschäftsführer Hartmut mag die Zusammenarbeit im Haus. Bei ihm steht beispielsweise das Faxgerät, das benutzen darf, wer freundlich fragt.

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2. Stock, Medienraum

Das Leben der Anderen? Diese Assoziation hätten viele, lacht Kerstin. Sie ist stolz auf den ehemaligen Medienraum der Stadtwerke, in welchem sie ihr Fotostudio untergebracht hat.

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Zur Einrichtung gehört auch dieses Schaltpult mit dem sich immer noch die Jalousien steuern lassen. An der Tür zum Flur leuchtet ein "Besprechungsschild".

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Kerstin sortiert ihre Arbeiten. Seit Jahren fotografiert sie Schauspieler Ben Becker. Aus den Bildern soll einmal ein Buch entstehen. An einen baldigen Umzug will sie gar nicht denken. "Ich hab einen Kleinlaster an Fotomaterial hier drinnen." Wenn München keinen Freiraum für Künstler mehr bietet, werde sie wohl nach Berlin gehen, sagt sie.

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3. Stock, Raum 399 D

Chris ist der House-DJ im Haus und produziert auch. Wenn es hart auf hart komme, könne er innerhalb eines Tages ausgezogen sein, sagt er. Schließlich passt heutzutage alles, was ein Tonstudio ausmacht, auf einen Rechner. Trotzdem hofft er, dass der Weihnachtsbaum noch lange in seiner Blumenerde stehen bleiben darf.

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Im Vierten Stock

"Aus dem Aufzug nach rechts und immer dem Turnhallenmief nach", sagt Jenny. Dann könne man den Boulderraum gar nicht verpassen. Eine Handvoll Münchner Kletterer hat den Raum im vierten Stock angemietet und eine kleine Boulder-Wand eingebaut. Plastikgriffe, Hangelbrett und Weichbodenmatten locken inzwischen 21 feste Mitglieder in die Blumenstraße. "Get strong" steht an der Tür und abends bleibt diese meistens offen.

Foto: Sebastian Domsch/oh Text: Agnes Fazekas

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Dann wird gestöhnt, gezerrt und geflucht - bis der schwere Kletterzug geschafft ist oder die letzte Kraft aus den Armen gewichen. Beim Bouldern versuchen sich die Kletterer an knackigen Einzelzügen - ohne Seil und in Absprunghöhe - zum Training für Draußen oder als Selbstzweck. Die Wand in der Blumenstraße ist entsprechend überhängend und jede Ecke wird als Übungsmöglichkeit genutzt.

Foto: Sebastian Domsch/oh Text: Agnes Fazekas

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5. Stock, Raum 508

Optimales Licht: Maler Jan Davidoff reist durch die Welt und fotografiert. Im Atelier in der Blumenstraße 28 setzt er seine Eindrücke in großformatige Bilder um. So großformatig, dass er schon über 100 Quadratmeter angemietet hat. Vor einem Auszug graut es ihm deswegen. "Und die Kunstszene ist faul", sagt Jan. Als Maler sei er stundenlang allein mit seinen Bildern. Es wäre frustrierend irgendwo am Stadtrand zu arbeiten. Da komme keiner mehr vorbei. "Wenn München nichts für seine Kulturschaffenden tut, muss ich halt doch nach Berlin", überlegt er.

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6. Stock, ganz oben

"Ein bisschen privilegiert fühlen wir uns schon hier oben: Alpenblick und Klimaanlage. Obwohl - die funktioniert ja nicht." Architekt Norbert schätzt an seinem Büro vor allem die Lage und den relativ günstigen Preis. "So kann ich auch Projekte übernehmen, bei denen ich mir nicht ganz sicher bin, was hinten rauskommt." Für 52 Quadratmeter zahlt er etwa 700 Euro, Heizung und Strom inklusive. Allerdings haben die ersten Mieter noch wesentlich günstigere Konditionen in den Verträgen stehen. Von seinem Fenster aus kann er fast zusehen, wie die Beamten, vom städtischen Baubüro gegenüber, seine Anträge bearbeiten.

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Die Einrichtung stammt teilweise von Christian, dem inoffziellen Hausmeister. Der ist eigentlich Bauzeichner, aber immer mit seinem Handwerk-Talent zur Stelle, wenn jemand neu eingezogen ist. Wo man ihn findet? "Dem begegnet man einfach", sagt Norbert.

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Ein letzter Gruß?

Von wegen: Mat, Phil und Krischi von den "United Skateboard Artists" wollen noch lange nicht gehen. Dafür fühlen sie sich viel zu wohl in der Blumenstraße 28.

Foto: United Skateboard Artists/oh Text: Agnes Fazekas

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