Kultur in München:Yael Ronen inszeniert neues Stück an den Kammerspielen

Die israelische Regisseurin befasst sich in "Genesis. A Starting Point" mit einem der wirkmächtigsten Texte der Geschichte.

Petra Hallmayer

Mit einem der wirkmächtigsten Texte der Menschheit befasst sich Yael Ronen in ihrer zweiten Inszenierung an den Kammerspielen: "Genesis. A Starting Point". Eine Nacherzählung oder eine religionswissenschaftlich grundierte Lesart des Ersten Buchs Mose ist bei der israelischen Regisseurin ("Point Of No Return") nicht zu erwarten. Ronen, erklärt Niels Bormann, der hier als künstlerischer und dramaturgischer Mitarbeiter fungiert, verstehe es wie wenige, "große abstrakte Konzepte zu vermenschlichen und auf unsere gegenwärtigen Alltagserfahrungen herunterzubrechen."

Wie schon in früheren Arbeiten der vielfach preisgekrönten Regisseurin fließen in den Szenenreigen eigene Erfahrungen des Ensembles ein, treiben die Schauspieler darin wieder ein selbstreferentielles Spiel mit ihren Rollen und Biografien. Es ist ein sehr persönlicher Blick, den sie auf zentrale Passagen und Motive in den ersten Kapiteln der Bibel werfen, die sie in Relation zu den Beziehungskonstellationen in ihren Familien setzen. Sie erinnern sich an ihre Kindheit, sprechen über die Erforschung ihres Körpers, ihrer Sexualität und emotionale Defizite im Verhältnis zu ihren Vätern.

Dabei hinterfragen sie das Prinzip des Monotheismus, die Allmacht und Einsamkeit Gottes, das Fehlen der weiblichen Position in der biblischen Schöpfungsgeschichte und betrachten die kosmogonischen Mythen anderer Kulturen. "Wir versuchen gemeinsam herauszufinden", meint Bormann, "inwieweit die Erzählungen und Bilder der Genesis in unsere kulturelle DNA eingeschrieben sind." Inwieweit wirken sie in unserem Inneren fort, selbst dann, wenn wir nicht gläubig sind? "Wie stark prägen die Zentrierung auf einen männlichen Schöpfer, einen eifersüchtigen Gottvater, der den Menschen zum Herrscher über die Erde und die Tiere erhebt, die Geschichte vom Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies unsere Geschlechterbilder und unser Naturverständnis bis heute?"

Dafür schlüpft das Ensemble in die Rollen von Gott, Adam und Eva, Kain und Abel. Kein trockenes Reflexionstheater soll "Genesis" werden, betont Bormann, sondern eine sinnliche, optisch aufregende und komische Inszenierung, die nicht zuletzt die Zuschauer dazu verführen will, neu über sich selbst nachzudenken.

Genesis. A Starting Point, So./Mo., 28./ 29. Okt., 20 Uhr, Kammerspiele, Maximilianstraße 26-28

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