Kultur:Das Volkstheater und seine umstrittenen Plakate

Das Penis-Plakat ist nicht das erste, an dem sich die Münchner stoßen. Ein Überblick.

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Proteste gegen Penisse: Plakat "Das ferne Land"

Das ferne Land Poster Volkstheater

Quelle: Volkstheater

Ein Mann liebt einen Mann - und das ganz offensichtlich. Das Foto stammt vom amerikanischen Fotografen Brian Finke, der es 2005 in der Reihe "Frat Boys" veröffentlichte. Frat-Boys, also Fraternity-Boys, sind Studenten einer Verbindung, die für ihr ausschweifendes Party-Leben berühmt sind.

Dass dabei nicht nur Alkohol fließt, sondern auch das ein oder andere Unterhöschen verrutscht, gehört dazu. Otto Dzemla, Grafiker und verantwortlich für die Gestaltung der Plakate fürs Theater, entschied sich für das Foto, weil es im Theaterstück "Das ferne Land" eben auch darum geht, dass der Protagonist Louis mit seiner offen gelebten Homosexualität in seiner alten Heimat aneckt. Facebook nahm das Bild aus dem Netz, das Volkstheater übermalte die kritischen Stellen kurzerhand - und lud das Bild wieder hoch.

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Umstrittener Frosch am Kreuz

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Quelle: SZ

Mit Kreuzen ist nicht zu spaßen. Das erfuhr die Deutsch-Punk-Band Wizo, die 1998 ein gekreuzigtes Schwein im Comic-Stil als Logo auf T-Shirts drucken ließ. Doch auch das, was man unter Hochkultur versteht, bedient sich manchmal solch einfacher Provokation. So auch Martin Kippenberger. Seit er 1990 die Skulptur "Zuerst die Füße" schuf, die einen gekreuzigten Frosch zeigt, gibt es Kontroversen. Papst Benedikt XVI. etwa wies auf die Verletzung der religiösen Gefühle vieler Menschen hin. Für Stückl zeige das Motiv die "verquere Religiosität", die sich auch in Marieluise Fleißers damit beworbenem Drama "Fegefeuer in Ingolstadt" zeige. Christian Ude fand jedoch im Dezember 2006 eher, dass das die Vorweihnachtszeit störe. Das Motiv wurde nicht plakatiert.

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Klein Eyolf und der nackte Oberkörper

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Quelle: SZ

"Harmlos" nennt Christian Stückl das Plakat, das im Jahr 2003 zum ersten Mal in seiner Zeit als Intendant des Volkstheaters provozierte. Es zeigt einen Jungen mit nacktem Oberkörper, hinter einem Balkonkasten mit Geranien, ein Foto von Julia Sörgel. Die Verbindung zu Henrik Ibsens Stück "Klein Eyolf", für das das Theater damit warb, ist frei: Das Drama um den behinderten Jungen Eyolf, der bestimmend ist für die Beziehung und das Leben seiner Eltern, auch nach seinem Tod. Für manchen Münchner Bürger rief das Motiv jedoch ganz andere Assoziationen hervor: Der Blick des Jungen, sein nackter Oberkörper und die leuchtenden Geranien, ließen einige an Pädophilie denken. Stückl hörte damals den Vorwurf, das Volkstheater würde "Päderasten unterstützen". Für Stückl ist das ganz unverständlich, einen Jungen mit nacktem Oberkörper sähe jeder Schwimmbadbesucher, eine sexuelle Konnotation sieht er nicht.

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Die junge Frau mit dem Esel

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Quelle: SZ

Shakespeare war oft nicht gerade sanftmütig bezüglich der gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit. Da gibt es etwa die Verwechslungskomödie und Liebesgeschichte "Ein Sommernachtstraum", in der sich allerhand herumverwandelt wird, bis sich die Richtigen schließlich finden. Und in diesem Prozess finden sich eben kurzzeitig auch mal eine Frau und ein Esel. Bei Shakespeare hat das alles weniger mit Zoophilie zu tun, als damit die Handlung möglichst kunstvoll verschlungen voranzutreiben. Eher weniger verschlungen ist das Plakat des Volkstheaters zur Inszenierung im Jahr 2006 dazu. Denn das Foto des US-amerikanischen Fotografen Elmer Batters zeigt eine junge Frau in Strapsen, die sich mit herausforderndem Blick an einen Esel lehnt. Ja, die Assoziation zu Shakespeare passt. Beschwert hat sich schließlich die Münchner Gleichstellungsstelle, mit dem Vorwurf, die Frau auf dem Motiv sei zu jung. Stückl versteht dies ein wenig, erklärt aber, solche Motive fänden sich in der Bildenden Kunst häufig.

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Camper unten ohne

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Quelle: SZ

Der persönliche Geschmack ist ein Argument, das in den meisten rational geführten Diskussionen nichts zu suchen hat. Dennoch argumentierte das Werbeunternehmen Ströer im vergangenen April gegen das Volkstheater-Plakat zur Premiere von Lars Noréns Stück "Dämonen", es sei ein "Verstoß gegen den guten Geschmack". Das Motiv von Naomi Harris sei pornografisch. Für Christian Stückl zeigt sich in dem fast nackten, grillenden Paar jedoch eine "Camper-Idylle" par excellence. Er findet darin, wie er sagt, überhaupt nichts Anrüchiges. Wenn man genau hinsieht, ist jedoch der Penis des Mannes auf dem Plakat deutlich erkennbar. "Den haben wir, als wir das Motiv auswählten, gar nicht gesehen", erklärt Stückl. Erst in der Vergrößerung sei ihm der "Schniedel" aufgefallen. In dem Stück ging es um schmerzliche innere Entblößung, doch die Firma Ströer, die die Plakatflächen an Litfaßsäulen vermietet, verbot das assoziativ passende Motiv.

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Plastiktüte über dem Kopf

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Quelle: SZ

Ein Kind, der Kopf unter einer Plastiktüte. Nur die Konturen des roten Mundes sieht man deutlich, es wirkt fast, als würde es nach Luft schnappen. Das Bild von Simone Häckel, mit dem das Volkstheater die aktuelle Inszenierung von "Medea" bewirbt, kann erschrecken. Eine Münchner Mutter hat sich nun darüber beschwert. Das Plakat hing im Schulzentrum am Perlacher Forst, wo sich auch der Kindergarten ihrer dreijährigen Tochter befindet. Diese zeigte sich vom Plakatmotiv verstört. Die Mutter nahm daraufhin das Plakat ab und beschwerte sich beim Schulleiter der im gleichen Komplex angesiedelten Berufsschule, der das Plakat aufgehängt hatte. Volkstheater-Intendant Christian Stückl findet das Medea-Plakat hingegen ästhetisch passend, dieses "engelshafte Kind hinter der Plastiktüte" verbindet er mit der Geschichte der Kindsmörderin Medea. Für Stückl ist das keine "Anleitung zu einem versehentlichen Suizid eines Kindes", sondern ein assoziatives Abbild der durchaus drastischen griechischen Tragödie.

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Nazis knutschen nicht: Plakat "Radikal jung 2014"

volkstheater plakat maenner

Quelle: Volkstheater

Wo "Radikal jung" draufsteht, darf nicht unbedingt Radikales abgebildet sein. Als das Volkstheater dieses Plakat 2014 veröffentlichte, ärgerte das viele Betrachter. Auf dem Foto küssen sich ja nicht nur Schwule, sondern auch noch Nazis!

Dabei passt das Motiv eigentlich gut zu dem Gedanken des Festivals, denn für "Radikal jung" lädt das Volkstheater jedes Jahr bemerkenswerte Inszenierungen junger Regisseure und Regisseurinnen nach München ein, die immer wieder mal schockieren und die Sehgewohnheiten der Zuschauer herausfordern wollen, wie man am Theater so schön sagt.

© sz.de/arga/clu/imei/mmo
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