Deutsches MuseumWenn die Künstliche Intelligenz Visionen entwirft

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In der „Future Box“ des Deutschen Museums werden essenzielle Fragen der Zukunft behandelt.
In der „Future Box“ des Deutschen Museums werden essenzielle Fragen der Zukunft behandelt. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Forum der Zukunft des Deutschen Museums erwartet den Besucher eine neue interaktive Ausstellung. Die dafür eigens entwickelte KI begleitet die Gäste durch die Räume. Und doch geht es nicht ohne den Menschen.

Von David Scheidler

Die Zukunft der Menschheit sieht düster aus. Das ist nicht nur die grundlegende Annahme vieler Pessimisten, sondern kann auch der erste Eindruck desjenigen sein, der die „Future Box“ im Deutschen Museum betritt. Schließlich gibt es in ihren schwarz verkleideten Räumen kein natürliches Licht, und auch die künstliche Beleuchtung ist auf ein Mindestmaß begrenzt.

Doch dann erscheint der Star der Ausstellung an der Wand: AI-ME, ausgesprochen wie der englische Name Amy. Die künstliche Intelligenz blickt die Besucherin oder den Besucher aus einem großen grünlich-blauen Auge an, das dem menschlichen zumindest insofern ähnelt, als regelmäßiges Blinzeln notwendig scheint. Die leicht beklemmende Anfangsatmosphäre wird aufgebrochen, als AI-ME zu sprechen beginnt.

Mit einer jung wirkenden, vertrauenerweckenden und weiblichen Stimme stellt sie sich als „eure persönliche Künstliche Intelligenz“ vor und referiert mit einer gewissen Begeisterung die Geschichte des menschlichen Erfindergeistes. Von Pessimismus also keine Spur.

Nun werden die Besucher aufgeteilt. Für den einen Teil der maximal 16 Personen geht es zuerst in den Themenraum „Wir und unser Planet“, für die anderen in den Raum „Körper und Gesellschaft“. Der Leiter des Forums der Zukunft, Simon Glöcklhofer, hat diese beiden Themenschwerpunkte gesetzt, da sie seiner Meinung nach essenzielle Fragen der Zukunft behandeln: Wie kann die Zukunft nachhaltig gestaltet werden? Und: Wie können der Mensch und seine Gesundheit von Innovationen unterstützt werden? Antworten auf diese Fragen könnten die jeweils drei Ausstellungsstücke der beiden Räume liefern, in denen AI-ME selbstverständlich jeweils bereits wartet.

Statt auf großen Info-Tafeln zu lesen oder lange Erklärungen per Audioguide anzuhören, dürfen die Gäste nun mit der KI ins Gespräch kommen. Wer den bereitgelegten 3-D-Druck eines Exponats etwa den virtuellen Zwilling eines menschlichen Herzens, mit dessen Hilfe neue Behandlungsmethoden entwickelt werden sollen auf ein Feld stellt, erhält grundlegende Informationen dazu. Und es darf gefragt werden. „Vom absoluten Laien bis zum Professor der Quantenphysik  AI-ME kann sich auf jedes Niveau einstellen“, erklärt Forumsleiter Simon Glöcklhofer. Seine KI, die unter Unterstützung des Software-Unternehmens Dassault Systemès und des Chip-Herstellers Nvidia entstanden ist und in einem eigenen Serverraum vollständig lokal betrieben wird, sei zu jedem Exponat mehr als 100 Stunden geschult worden und in ihrer Expertise daher unübertroffen.

Trotz KI geht es, zumindest derzeit, noch nicht ohne geschulte Mitarbeiter.
Trotz KI geht es, zumindest derzeit, noch nicht ohne geschulte Mitarbeiter. (Foto: Stephan Rumpf)

Dennoch sind zwei geschulte Museumsmitarbeiter, genannt „Future Hosts“, unabdingbar. Sie können Aussagen der KI im Zweifelsfall einordnen, ergänzen oder korrigieren. Nach dem Frage-Antwort-Spiel mit der KI, das AI-ME aus Zeitgründen nach einer gewissen Zeit abmoderiert, führt der Future Host die Besucher zurück in den zentralen Anfangsraum.

Das Ende des knapp 90-minütigen Erlebnisses, das zweimal täglich stattfindet und online für neun Euro pro Person (ermäßigt: fünf Euro) gebucht werden kann, stellt ein reflektierendes Gespräch am virtuell flackernden Lagerfeuer dar. Schließlich soll der Modus der Zukunft nicht die Vereinzelung der Menschen sein. Vielmehr sollen diese weiterhin in Gemeinschaft gebracht werden.

Eine abschließende, kontroverse Frage zum Einsatz der Innovationen zum Beispiel: „Sollen Roboter Altenpfleger ersetzen?“ kann mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Darauf basierend spuckt AI-ME eine Zukunftsvision aus, die sie mit einem Bild darstellt. Dieses ist, ganz gegen den Anfangsverdacht, eher utopisch oder realistisch als dystopisch. Die Zukunft sieht also, wenn es nach AI-ME geht, doch nicht so düster aus.

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