Süddeutsche Zeitung

Urnen-Designerin Hilo Fuchs:"Den Tod darf man inszenieren"

Lesezeit: 2 Min.

Die Münchner Künstlerin Hilo Fuchs gestaltet Urnen in unterschiedlichsten Formen, mit Sprüchen darauf - oder auch als bunte Erdbeertorte.

Von Katharina Blum

Einen humorvollen Weg, dem Thema Tod zu begegnen, hat die Münchner Künstlerin Hilo Fuchs gefunden. Die ausgebildete Holzbildhauerin gestaltet Urnen in unterschiedlichsten Formen, etwa auch als bunte Erdbeertorte, und auch mit Sprüchen. Sie achtet darauf, dass alle dafür verwendeten Materialien biologisch abbaubar sind. Schließlich sollen die Urnen der Münchnerin auch im Ernstfall einsetzbar sein.

SZ: Sie nennen Ihre Urnen "Der Himmel ist ein Ponyhof", "Getragen auf Rosen" oder "Schläfchen unterm Apfelbaum". Das klingt nach sehr schönen letzten Plätzen.

Hilo Fuchs: So soll es doch auch sein, oder nicht? Wie im Paradies. Am besten schon im eigenen Wohnzimmer das Paradies einrichten und sich auch mit dem Tod, mal anders, auseinandersetzen, auch mal mit Humor.

Aber wer lacht denn über den Tod?

Ich komme aus einer urbayerischen Familie, bei uns hat jede Beerdigung strenge Rituale. Man hat diese katholische Vorstellung vom Paradies und dass dann alles viel schöner ist. Aber wenn der Tod kommt, so wie vor einem Jahr bei meiner Mutter, dann ist und bleibt er einfach sehr traurig und unbegreiflich. Ich finde, dass man nicht alles immer so bierernst nehmen muss und auch den Tod nach eigenen Vorstellungen inszenieren darf.

Haben Sie schon eine konkrete Vorstellung davon, wie so eine Inszenierung aussehen kann ?

Für mich ist es eine tröstliche Vorstellung, wenn der Urnenträger beim Trauerzug zum Beispiel mit meiner Erdbeertorte als Urne vorweg geht und dazu der Weihrauch raucht. Das hat etwas Versöhnliches. Es wäre traurig, wenn am Ende eines Lebens so viele Konjunktive übrig bleiben würden: Ach, hätte ich doch bloß . . . Meine Urnen richten sich deshalb nicht an Trauernde, sondern an Lebende, als Lebenshelfer, zu reflektieren und bewusster zu leben und zu genießen.

Ihre Urnen sind aber nicht nur dekorative Kleinskulpturen, sondern auch im Ernstfall einsetzbar.

Ja, das stimmt. Alle Urnen für Erdbestattungen müssen zu hundert Prozent biologisch abbaubar sein. Dafür habe ich viele Gespräche geführt, zum Beispiel mit Farbenhändlern, Buchbindern, denen übrigens stets die Kinnlade runterfiel, als ich ihnen von meinem Plan erzählte. Aber ich stieß auch auf positives und neugieriges Interesse.

In einem Krematorium sind Sie auch gewesen.

Zuerst brauchte ich natürlich genaue amtliche Informationen, am besten von einem Krematorium und dazu ein Modell. Denn ich wusste vorher nicht, dass die Asche jedes Verstorbenen immer erst in der Aschenkapsel eines Krematoriums deponiert wird. Diese Kapsel, die immer biologisch abbaubar sein muss, wird mit einer Nummer versehen und ist danach nicht mehr zu öffnen. Erst dann kommt die Aschenkapsel in eine sogenannte Schmuckurne.

Ihr Wunsch ist es, dass sich die Lebenden zu ihrem eigenen Geburtstag eine Urne schenken oder sich eine schenken lassen. Wie würden Ihre Freunde auf solch ein Geschenk reagieren?

Einige gehen mit dem Thema etwas verhalten um, verdrängen den Tod gänzlich. Es gibt aber auch ein paar lustige Vögel und Ernsthafte, die sich positiv damit auseinandersetzen. Die würden sich freuen, die Urnen jetzt schon zur Auseinandersetzung im Leben zu haben. Man kann sie schön anschauen - und wenn es soweit ist, die letzte Reise antreten.

Wie teuer ist dann eine solche Urne als Geschenk?

Es geht um die Identifikation mit der Urne und um die Verliebtheit zur Kunst-Urne. Die Preise beginnen bei 490 Euro und hören bei den aufwendigen, mit Hasenleim verklebten Unikaten für 1980 Euro auf.

Zuletzt hat Hilo Fuchs in der Giesinger Galerie im Drächslhaus ausgestellt, als nächstes plant die Münchnerin mit ihren "Urnen fürs Leben" eine Wanderausstellung. Weitere Infos über die Künstlerin und ihre Skulpturen- sowie Spruchurnen auch hier: www.hilofuchs.com .

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Quelle:
SZ vom 09.04.2015
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