Schauspieler sein – wer hat noch nie davon geträumt? In Rollen schlüpfen, unter Applaus von der Bühne gehen und Glanz und Glamour des roten Teppichs genießen. Natürlich sieht die Realität oft weniger rosig aus, aber trotzdem: Der Reiz bleibt. Stefan Wilkening und Johann von Bülow können ein Lied davon singen. Oft fragen Zuschauer sie, wie es denn so ist, ihr Leben als Schauspieler. Oder urteilen, dass sie im echten Leben ja viel sympathischer seien als in der Filmrolle. Um alle Fragen rund um das Schauspiel und seine Vertreter ein für alle Mal zu klären, haben Wilkening und von Bülow einen Abend kreiert: „Was Sie schon immer über Schauspieler wissen wollten“. Premiere ist am 1. Dezember im Münchner Künstlerhaus.
Wilkening und von Bülow kennen sich schon lange. Gemeinsam absolvierten sie ihre Schauspielausbildung an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule. „Stefan war der Älteste, ich der Jüngste in der Klasse“, erinnert sich von Bülow im Gespräch mit der SZ. In dieser Zeit ist eine Freundschaft erwachsen, die bis heute anhält: „Wir sind engste Freunde und wissen eigentlich alles übereinander“, so von Bülow. Und das, obwohl es eine Freundschaft auf Distanz ist: Von Bülow zog es nach Berlin, Wilkening bleibt der Region München treu.
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So viel sie auch privat verbindet – Stefan Wilkening ist Patenonkel von Johann von Bülows Sohn –, beruflich zusammengearbeitet haben die beiden fast nie. Das sollte sich ändern: Und so geht mit „Was Sie schon immer über Schauspieler wissen wollten“ nun ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Der Titel ist angelehnt an einen Filmklassiker von Woody Allen aus dem Jahr 1972. Und wie beim Großmeister des Films kommt auch bei den zwei Schauspielern der Humor nicht zu kurz.
Dafür sorgt unter anderem der bunte Strauß an Texten, die Wilkening und von Bülow ausgesucht haben – von Erich Kästner über Heinz Erhardt bis zu Joachim Meyerhoff. Eine klassische Lesung wird das jedoch nicht: „Wir spielen Texte vor“, erklärt Stefan Wilkening. Das kann rasant im Wechsel geschehen und urkomisch werden, wie eine Probe zeigt, bei der die SZ vorab dabei sein durfte. Oder auch zum Nachdenken anregen: „Alles, was wir voneinander kennen, ist nur Spiegelung“, liest Wilkening aus einem Text Rolf Boysens. Trotz der ach so innigen Gemeinschaft von Schauspielern, trotz gemeinsam erlebter Extremsituationen feit der Beruf nicht vor Einsamkeit.
Mehr als nur Spiegelung kennen die Bühnenkünstler dieses Abends voneinander. Und das sorgt für eine ganz eigene Dynamik: „Ganz am Anfang haben wir gedacht: Wir müssen einfach unsere Highlights zusammentun, das, was wir gerne spielen“, erzählt Wilkening. Doch sie merkten schnell: Das allein reicht nicht aus. Auf fixe Ideen und Lieblingstexte musste jeder verzichten, ergänzt von Bülow. „Aber zwischen uns ist so viel Vertrauen da, dass man zulässt, wenn der andere sagt: Es wäre besser, wenn wir die Nummer rausstreichen.“
Wilkening und von Bülow eint ein beinahe intuitives Einverständnis, was die Stückauswahl angeht. Bei der Probe spielen sie vieles zum ersten Mal (was man als unbeteiligter Betrachter nie vermuten würde). Und manche Texte schaffen es auch gar nicht ins Programm, weil die beiden sie in der Mischung nicht gut genug finden (was einem als unbeteiligter Betrachter gar nicht auffallen würde).
Neben gespielten Texten und Anekdoten aus dem eigenen Leben rundet ein drittes Element den Abend ab: Musik. Dass die Schauspieler dafür die Akkordeonistin Maria Reiter gewinnen konnten, die bereits viele Bühnenstücke begleitet hat, ist ein Glücksfall. Aus dem Duo wird so ein höchst unterhaltsames Trio, das mit Liedern für Abwechslung und Amüsement sorgt. „Karussell“, eine im Deutschen von Michael Heltau gesungene Übertragung eines französischen Chansons von Jacques Brel, ist ein musikalisches Highlight des Abends. Gemächlich zu Anfang, entwickelt sich das Lied zur rauschhaften Eloge, die das Glücksgefühl des Bühnenauftritts beschreibt: „Wenn sich alles dreht, dann will die Phantasie, dass dieser Schwindel nie an dir vorübergeht.“
Zwei Schauspieler, eine Musikerin, ein paar Lieder und Texte – mehr braucht es nicht für einen unterhaltsamen Bühnenabend. Was aber auch nicht wenig ist, wenn es denn gut werden soll. „Und wenn endlich der Applaus kommt, ist schon lang nicht mehr Tag oder Nacht. Was ist oben, was ist unten, wer bin ich, wer hat mich ausgedacht?“, geht das Chanson weiter. An Applaus dürfte es am 1. Dezember im Künstlerhaus nicht mangeln.
Und wenn sich dann der Vorhang senkt, wenn aus den Schauspielern Stefan Wilkening und Johann von Bülow wieder die besten Freunde abseits der Bühne geworden sind, haben sie zwar kaum alle Fragen und Mythen über ihr Metier erschöpfend abhandeln können. Aber zeigen, dass Schauspiel eine zeitlose Kunst ist, die ebenso zu unterhalten wie zu faszinieren vermag. Und damit ist womöglich ein wesentlicher Teil dieses so wichtigen, zur Legendenbildung anregenden Berufsbilds beschrieben. Oder wie es die Ohrwurm-Hymne von Brel/Heltau formuliert: „Und hernach dann in der Garderobe habe ich längst den sicheren Beweis, dass ich selbst das Karussell bin, weil ich mich ewig drehe im Kreis.“
Johann von Bülow und Stefan Wilkening: „Was Sie schon immer über Schauspieler wissen wollten“, Sonntag, 1. Dezember, 17 Uhr, Festsaal im Münchner Künstlerhaus, Lenbachplatz 8, Tickets unter www.kuenstlerhaus-muc.de