Kritik:Die Gunst einer Stunde

Klaus Mäkelä begeistert mit den Philharmonikern

Von Klaus Kalchschmid

Was für einen Effekt könnte die kunstvoll künstliche, filigran zurückgenommene Musik von "Ma mère l'oye - Meine Mutter, die Gans" erzielen, wenn 42 Mitglieder der Münchner Philharmoniker darin den Klangzauber Maurice Ravels aufs Schönste zelebrieren. Aber wenn gerade mal 100 Menschen in der 2500 Hörer fassenden Philharmonie versprengt sitzen, machen die exquisiten Pastelltöne dieser meist zarten Chinoiserien nach monatelange Konzert-Abstinenz so satt wie ein Amuse guele; also heißhungrig nach mehr: nach einem den Raum flutenden Fortissimo, nach Leidenschaft und intensiv leuchtender Farbigkeit.

Beim Debüt des 24-jährigen Klaus Mäkelä mit den Philharmonikern folgte glücklicherweise Felix Mendelssohns "Schottische" und da waren sie dann: große Steigerungen, bronzen schillerndes Blech, klangvolle Streicher, das Expressive, die unterschiedlichen Satzcharaktere. Dabei setzte der junge Finne, von Herbst an Chef des Orchestre de Paris, ganz auf kammermusikalische Durchsichtigkeit und erzielte mit einer feinen Ökonomie der Körpersprache auch eine wunderbare Homogenität. Sie musste bei den ungewohnten Abstandsregeln auf dem Podium wohl durchaus erkämpft und intensiv erprobt werden.

Wenn man die Augen schloss, konnte so das Adagio seinen ganzen singenden Zauber entfalten; und mit einem Mal registrierte man endlich auch emotional, was für ein Glück solch ein nur gut einstündiges Konzert derzeit bedeutet. So gewann der Hörer trotz furchtbar lästiger Maske im Gesicht eine gewisse Unbeschwertheit und genoss das heitere Finale, als säße er in einem "richtigen" Konzert. Als dann die strahlende Coda zu Hochform auflief und in eine fulminante Stretta mündete, ergriff es die Zuhörer mit Macht. Darauf folgte zu Recht begeisterter, mit vielen Bravos intensivierter Applaus.

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