Krise nach Parteitag:Münchner SPD sucht neuen Chef

Hans-Ulrich Pfaffmann, 2011

Suchen nach Wegen aus der Krise: Bis zum Herbst soll ein Nachfolger für Münchens SPD-Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann gefunden werden.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Vier Monate nach der Kommunalwahl steht die Münchner SPD ohne Vorstand da. Nach dem überraschenden Rücktritt von Hans-Ulrich Pfaffmann kursieren bereits Namen, doch bisher hat sich noch kein Kandidat aus der Deckung gewagt.

Von Dominik Hutter

Vier Monate nach der Kommunalwahl steckt die Münchner SPD in einer veritablen Führungskrise. Voraussichtlich bis zum Herbst soll ein Nachfolger für Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann gefunden werden, der am späten Montagabend überraschend zurückgetreten war.

Bis dahin werden seine Stellvertreter Volker Rastätter, Heide Rieke, Claudia Tausend und Isabell Zacharias kommissarisch die Geschäfte führen - das gab der Gesamtvorstand nach einem Treffen ohne Pfaffmann am Dienstagabend bekannt. Der Vorstand bleibe zwar zunächst weiter im Amt, strebe aber vorgezogene Neuwahlen an, hieß es bei der SPD. Pfaffmanns reguläre Amtszeit hätte noch bis zum Frühjahr 2015 gedauert. Den konkreten Zeitplan für seine Nachfolge werde ein Parteirat nach der Sommerpause bestimmen.

Pfaffmann, der seit Mai 2009 der Münchner SPD vorsaß, zog mit seinem Rücktritt die Konsequenzen aus einer Abstimmungsniederlage beim Jahresparteitag. Die SPD hatte sich nach zunächst sehr friedlicher Debatte mit deutlicher Mehrheit für einen Änderungsantrag der Jusos und damit gegen den Vorschlag des Vorstands ausgesprochen. Pfaffmann wertete dies als "Misstrauensvotum" und trat wenige Minuten später zurück.

Konsequenzen aus der Stadtratswahl

In dem Antrag ging es um Konsequenzen aus der Stadtratswahl im März, bei der Rot-Grün abgewählt worden war und die SPD ihren Status als größte Fraktion an die CSU verloren hatte. Drei parteiinterne Arbeitsgruppen hatten in teilweise schonungsloser Offenheit Defizite analysiert und in einem abgestimmten, gemeinsamen Leitantrag eine Art Handlungskatalog für die Parteiarbeit der kommenden Jahre aufgestellt.

Dieses Papier war später vom Vorstand gestrafft und teilweise umformuliert worden - was erheblichen Unmut bei der Basis und vor allem bei den Jusos nach sich zog, die sich in ihrem Engagement nicht ernst genommen fühlten. Für die Juso-Forderung, statt des Vorstandspapiers die ursprüngliche Fassung zu verabschieden, sprachen sich schließlich 74 von 120 Delegierten aus.

Interessenten für die Nachfolge Pfaffmanns wagen sich bislang nicht aus der Deckung. Parteiintern kursieren aber die Namen der Bundestagsabgeordneten Claudia Tausend, der Landtagsabgeordneten Isabell Zacharias und Andreas Lotte sowie des früheren Bundestagskandidaten Roland Fischer, der schon 2011 bei einer Vorstandswahl gegen Pfaffmann kandidiert hatte. Als Aspirant zumindest für einen Vorstandssitz ist auch der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn im Gespräch. Es gilt als sicher, dass Teile des alten Vorstands im Herbst wieder antreten.

Pfaffmann schließt dies für sich aus. "Ich bin ohne Groll", sagte er am Dienstag. "Ich bin mit mir im Reinen und habe mein Bestes gegeben." Der Bundestagsabgeordnete Florian Post regte an, den neuen Parteichef per Mitgliederentscheid zu wählen. "Unsere SPD hat mit dem von Sigmar Gabriel initiierten Basisvotum doch die besten Erfahrungen gemacht", sagte Post.

Ehrlich und offen, nicht öffentlich

Pfaffmann hat für die Münchner SPD mehrere Wahlkämpfe organisiert - unter anderem den für den jetzigen Oberbürgermeister Dieter Reiter, der damit einen Vertrauten in wichtiger Position verliert. Dieser dankte Pfaffmann für den "außerordentlich engagierten und vor allem auch erfolgreichen Wahlkampf" und bekundete Respekt für die Rücktrittsentscheidung.

Reiter mahnte, die SPD müsse nun "den Blick nach vorn richten und in Zukunft Personaldebatten intern führen, ehrlich und offen, nicht öffentlich". Der OB sprach damit mehreren Sozialdemokraten aus der Seele, die den Diskussionsstil der SPD beklagen. Statt eine offene inhaltliche Auseinandersetzung zu wagen, hätten Teile der Partei hinterrücks und ganz bewusst auf einen Rücktritt Pfaffmanns hingearbeitet.

Die Jusos wehren sich vehement gegen den Vorwurf, sie seien die Königsmörder. "Wir haben weder im Vorfeld noch während des Parteitags eine versteckte Personaldebatte geführt oder führen wollen", beteuerte Juso-Chef Cornelius Müller am Dienstag. Der Rücktritt Pfaffmanns sei bedauerlich. Den notwendigen Erneuerungsprozess dürfe dies aber nicht beeinträchtigen.

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